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Vorteile durch Leichtbeton-Außenwände // Ausgabe 2/2024

Gestalterische Freiheit

Nicht zuletzt dank der zugleich wärmedämmenden und tragenden Leichtbetonfassaden fügt sich dieses Wohnhaus in Berlin Mitte perfekt in sein heterogenes Umfeld ein. Zugleich schufen die Architekten zanderroth Innenräume, deren zeitlose Eleganz vor allem auf den Sichtbetonflächen beruht.

Mut

© Simon Menges

Nur einen Steinwurf östlich vom Alexanderplatz wirkt die Magazinstraße wie aus einer anderen Welt. Sie fällt allein schon wegen ihres diagonalen Verlaufs inmitten gleichförmig orthogonal angeordneter Plattenbauten aus dem Rahmen. Außergewöhnlich ist sie aber hauptsächlich wegen einiger prachtvoller Gründerzeitbauten mit feingliedrigen Natursteinfassaden, die hier im Zentrum Berlins einen geradezu museal erscheinenden Straßenzug mit beidseitiger Blockrandbebauung entstehen lassen. In dieser spannungsvollen Szenerie ergab sich für die Architekten des Büros zanderroth die einmalige Chance, mit einem punktförmigen Wohnhaus direkt an die bislang fensterlose Brandwand einer der Altbauten anzuschließen und so zwischen beiden Gebäudetypologien zu vermitteln.

Filigrane Fassadenstruktur aus Sichtbeton

Für die Baugemeinschaft Magazinstraße realisierte zanderroth einen Geschosswohnungsbau mit insgesamt elf Wohnungen und einer Gewerbeeinheit im Erdgeschoss. Die drei Fassaden des siebengeschossigen Neubaus mit rund 250 Quadratmeter oberirdischer Grundfläche korrespondieren zwar weder gestalterisch noch hinsichtlich ihrer Materialität direkt mit den Altbauten, wirken in ihrer Nachbarschaft aber dennoch völlig selbstverständlich. Das liegt einerseits an der im fünften Obergeschoss zurückspringenden Straßenfassade, die Bezug auf die Traufkante des Nachbarhauses nimmt und eine große Dachterrasse entstehen lässt. Zugleich erscheint die Stirnseite des Gebäudes dadurch als turmartiger, städtebaulich stimmiger Abschluss des bislang eher tristen Blockrands. Eine Rolle spielen aber auch die großen, weit zurückversetzten bodentiefen Fensteröffnungen, die der Gebäudehülle eine angenehme Plastizität verleihen. Noch wichtiger sind schließlich die schmalen Wand- und Deckenstreifen aus Sichtbeton. Sie erzeugen jene Massivität, die für ein harmonisches Straßenbild nötig ist, und schaffen gleichzeitig eine filigrane Struktur, die sich in Richtung der Gebäudestirnseite als langes Fensterband aus großformatigen Glas-Schiebefenstern fortsetzt.

Gestalterische Freiheit durch Leichtbeton

Der Wohnungsbau in der Magazinstraße ist das inzwischen 15. Projekt aus der langjährigen Kooperation von zanderroth mit dem eigenen Projektentwicklungsbüro SmartHoming. Dass die Fassade hier aus Sichtbeton bestehen würde, stand für die Architekten bereits früh fest – zum einen wegen der städtebaulichen Wirkung, zum anderen wegen der Robustheit und Langlebigkeit des Baustoffs, die für jedes nachhaltige Gebäudekonzept unerlässlich ist. Denn im Gegensatz zu vielen alternativen Fassadenmaterialien erfordert Beton nur einen minimalen Unterhaltsaufwand, der sich vor allem auf die Erneuerung der nicht sichtbaren hydrophobierenden Beschichtung beschränkt. Ebenfalls nicht unmittelbar sichtbar ist, dass die gesamte Sichtbetonfassade aus 350 Quadratmetern wärmedämmendem Leichtbeton von Heidelberg Materials besteht. Die monolithische Ausbildung der 60 Zentimeter starken Leichtbetonaußenwände (Festigkeitsklasse LC12/13, Rohdichteklasse 1,2) bot zwei wesentliche Vorteile. Erstens ermöglichte sie einen gleichermaßen wärmedä menden und tragenden, konstruktiv einfachen Wandaufbau, der ganz ohne zusätzliche Fassadenschichten auskommt. Denn die Dämmwirkung beruht auf der geringen Wärmeleitfähigkeit des Leichtzuschlags aus Blähton. Zweitens bietet sie – ohne aufwendige Kerndämmung – die gestalterische Freiheit, die Raumseite der Wohnungsaußenwände in Sichtbeton auszuführen. Dank des einfachen Wandaufbaus und der gleichförmigen Fassaden waren sämtliche Fensteranschlussdetails mit überschaubarem Aufwand lösbar. Besondere bauphysikalische Aufmerksamkeit erforderten lediglich die in der Fassadenebene von weit zurückversetzten zu fassadenbündig verspringenden Festverglasungen an den stirnseitigen Gebäudeecken. Unter anderem um dieses Detail, aber auch die Oberflächenqualitäten und Fugenausbildungen definieren zu können, entstand eine vier auf vier Meter große Musterfassade. Die Anbindung der Deckenplatten aus Normalbeton an die Leichtbetonaußenwände erfolgte mittels Rückbiegeanschlüssen. Mit ihnen ließ sich die Lage und Ausrichtung der Ar eitsfugen präzise steuern. Zudem sorgten die stumpfen Bauteilstöße dafür, dass die wärmedämmenden Außenwände im Bereich der Decken im Querschnitt nicht geschwächt werden mussten.

Fein abgestimmte Materialien in den Innenräumen

In den Räumen harmonieren die unbekleideten Leichtbetonaußen- und Normalbetoninnenwände wunderbar mit dem warmen Farbton der Fensterprofile aus Red-Grandis- Holz, den weißen Decken und den Böden aus Eichenholz oder einer hellblauen Kunststoffbeschichtung. Die feinsinnige Farb- und Materialwelt setzt sich in den Bädern fort, wo neben zart farbigen Fliesenbelägen insbesondere die Sichtbetonflächen das Bild prägen. Sie zeigen das nach Plänen der Architekten präzise vorgegebene Fugenbild rahmenloser Schaltafeln und wirken dank des gleichmäßigen Betons der Sichtbetonklasse SB 3 geradezu samtig weich. Vor dem Hintergrund dieser konsequenten Architektur erscheint das Nebeneinander aus Gründerzeit- und Plattenbauten, das durch die großformatigen Glas-Schiebefenstern der Wohnzimmer zu sehen ist, auf eine künstlerisch anmutende Art und Weise surreal.

Roland Pawlitschko

Objektsteckbrief

Projekt: Wohnhaus Magazinstraße m17, Berlin
Bauherr/Auftraggeber: Baugemeinschaft Magazinstraße GmbH & Co. KG, Berlin
Architekt/in: zanderroth, Berlin
Bauunternehmen: SBG Generalübernehmer GmbH, Berlin
Beton: 350 m³ Leichtbeton C12/13, Rohdichteklasse 1,2, Heidelberg Materials Beton, Werk Berlin-Wuhlheide
Fertigstellung: Mai 2025

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