Bisher konnten Radfahrer und Fußgänger die Donau zwischen Straubing und Deggendorf nur sicher mit der Donaufähre überqueren. Seit Februar 2024 geht dies auch über den neu gebauten Rad- und Fußgängerweg der Xaver-Hafner-Brücke. Überlegungen gab es dazu bereits seit 2011, insbesondere auf Wunsch der Bevölkerung. Neben den statischen Herausforderungen scheiterte das Vorhaben lange an den Kosten. Dank des 2021 vom Bund aufgelegten Sonderförderprogramms „Stadt und Land“, das sowohl Bau- und Planungsleistung mit 80 Prozent bezuschusst, konnte das Projekt schließlich realisiert werden. Der erste Bauabschnitt (Auf- und Abfahrrampen) wurde bereits 2022 fertiggestellt, der finale zweite Bauabschnitt mit der Verbreiterung der Brückenkappen von 2,50 Metern auf der gesamten Länge von 640 Metern konnte im September 2023 vollendet werden. Dies war eine der größten Baumaßnahmen auf einer Kreisstraße in Niederbayern in den letzten Jahrzehnten. Die Gesamtkosten für beide Bauabschnitte betrugen rund 3,85 Millionen Euro, und dank der Förderung verblieb für den Landkreis nur ein Eigenanteil von 770.000 Euro.
Warum Leichtbeton?
Das Ingenieurbüro Fritsche und Partner aus Deggendorf erhielt vom Landratsamt den Auftrag zur Projektplanung. Bisher hatte die Brücke nur eine Gehwegskappe mit 1,50 Meter Breite. Es sollte aber ein Zweirichtungsradweg errichtet werden. Dafür sind 2,50 Meter Breite zwischen Geländer und Schutzplanke nötig. Die Brücke ist in Querrichtung vorgespannt, und ein Anbau nach außen funktionierte statisch nicht. „Um den einen Meter Breite mehr zu erhalten, haben wir dann einen halben Meter von der Fahrbahnbreite weggenommen und nach innen gerückt, das Geländer außen angeordnet und den Gesimsbalken verbreitert, so haben wir 45 Zentimeter gewonnen und konnten die neue Kappe entsprechend verbreitern“, erinnert sich Fabian Schrädobler. Somit wäre zwar die Geometrie gelöst und die Kappe breiter, aber dies gelang nicht mit einem konventionellen Beton. Die Frage war: Welche Rohdichte ist nötig und herstellbar, damit es statisch funktioniert? „Wir haben errechnet, dass wir Beton mit einer Dichte von weniger als 1,6 Tonnen/Kubikmeter benötigen – also Leichtbeton. Das haben wir in der Ausschreibung formuliert. Bedingung war auch, dass eine Erstprüfung durchgeführt werden muss. Schon beim Bietergespräch hatte uns die Bauunternehmung Geiger mitgeteilt, dass nicht mehr viele Betonlieferanten zur Verfügung stehen, die sich das zutrauen“, erinnert sich Schrädobler.
„Wir haben Leichtbeton hier erstmals mit Luftporen auf der Baustelle verarbeitet, aber dank der hervorragenden Zusammenarbeit mit Heidelberg Materials hat alles reibungslos funktioniert.“
Adrian Kieres, Bauleitung Geiger Bauwerksanierung
Erstprüfung nötig
Für die Brückenkappen wurden zirka 500 Kubikmeter Leichtbeton benötigt. Das Problem bestand jedoch darin, dass ein solches Projekt bisher in der gesamten Region noch nicht umgesetzt worden war, sodass es gab keine Erfahrungswerte gab. Nachzuweisen war der Frost-Tausalz-Widerstand für den Kappenleichtbeton, die Konsistenz im Ausbreitversuch und der Luftporengehalt des Betons unmittelbar vor dem Einbau. Die Überwachung vor Ort übernahm das Betotech Baustofflabor. Der Frost- und Frost- Tausalz-Widerstand wurde mittels CDF-Verfahren geprüft. Für eine Frost-Tausalz-Beständigkeit des Leichtbetons LC30/33 ist zusätzlich ein Luftporenbilder nötig, um die gewünschte Festigkeit zu erreichen. Die Druckfestigkeit wurde nach 2, 7 und 28 Tagen im Labor gemessen. Zusätzlich wurden Probewürfel direkt auf der Baustelle angefertigt, um die Druckfestigkeit des Leichtbetons und die Rohdichte zu kontrollieren. „Alle Nachweise für die Erstprüfung konnten erbracht werden, und es hat alles optimal funktioniert“, erläutert Johanna Greiler von Heidelberg Materials Beton Gebiet Niederbayern. „Da die Betonage im Sommer stattfand, haben wir bei den hohen Temperaturen ein viel größeres Rücksteifen und der Blähton im Leichtbeton saugt viel Wasser. Um dem entgegenzuwirken waren kurze Entladungszeiten wichtig. Wir haben die Betonmischer nur mit 5 Kubikmetern Leichtbeton gefüllt anstatt bei normalem Beton mit 7,5 Kubikmetern Ladung.“ Jedes Fahrzeug wurde vorab nochmals auf den Luftporengehalt und Konsistenz hin überprüft und dann erst zur Verarbeitung freigegeben.
„Alle Nachweise für die Erstprüfung konnten erbracht werden, und es hat alles optimal funktioniert.“
Johanna Greiler, Heidelberg Materials Beton, Gebiet Niederbayern
Die Mischung macht's
Der Leichtbeton verdankt sein geringes Raumgewicht der Zugabe von besonders porösen Gesteins-körnungen (hier Blähton), die viele kleine Luftporen enthalten. Die Körnung ist viel leichter als der Zementleim, daher würde die Körnung eigentlich wie Holz im Wasser aufschwimmen, wenn sie zu flüssig wird. Der Beton muss so eingestellt sein, dass sich der Blähton homogen in dem Betonquerschnitt verteilt. Die Mischung darf weder zu viel Sand enthalten, da sie sonst zu schwer wird, noch zu viele Blähton-Kugeln, da der Beton sonst zu grob wird.
„Die Verarbeitbarkeit ist sehr anspruchsvoll, da hat die Firma Geiger einen tollen Job gemacht“, erinnert sich Josef Salatmeier, Anwendungstechnik, Heidelberg Materials. Um die optimale Verarbeitung des Leichtbetons vorab zu demonstrieren, legte Heidelberg Materials großen Wert darauf, eine Probebetonage auf der Baustelle durchzuführen. Dazu wurde unter der Brücke eine Schalung aufgebaut und das Material mit der Rutsche eingebracht. „Die Konsistenz war erst ungewohnt, da Leichtbeton steifer ist als herkömmlicher Beton. Mit einer Oberflächen-Rüttelbohle wurden die Flächen sehr schön homogen, besonders der Besenstrich hat sehr gut funktioniert“, so Salatmeier. Der Besenstrich verleiht dem Beton eine rutschfeste Oberfläche und ist besonders für Rad- und Gehwege geeignet. Die 500 Kubikmeter Leichtbeton wurden im Transportbetonwerk fertig gemischt. Adrian Kieres, Bauleitung Geiger Bauwerksanierung in Warngau, erklärt: „Der Leichtbeton mit Luftporen ist nicht pumpbar. Das Material ist aber leichter als herkömmlicher Beton und somit konnte dieser mit zusätzlich angebrachten Rutschen eingebracht werden. Heidelberg Materials stellte uns die zusätzlichen Rutschen bei jedem Mischer zur Verfügung, so konnten der äußerste Punkt der Kappe erreicht werden. Wir haben Leichtbeton hier erstmals mit Luftporen auf der Baustelle verarbeitet, aber dank der hervorragenden Zusammenarbeit mit Heidelberg Materials hat alles reibungslos funktioniert.“
„Die Konsistenz war erst ungewohnt, da Leichtbeton steifer ist als herkömmlicher Beton. Mit einer Oberflächen-Rüttelbohle wurden die Flächen sehr schön homogen, besonders der Besenstrich hat sehr gut funktioniert.“
Josef Salatmeier, Anwendungstechnik, Heidelberg Materials
Sicher über die Donau
Für alle Beteiligten war es das erste Mal, dass eine Brücke mit Leichtbeton erweitert wurde. Alle erforderlichen Nachweise konnten von Betotech Baustofflabor und Heidelberg Materials Beton erbracht werden. Die Realisierung in Leichtbeton war die einzige wirtschaftliche Option und hat die Brücke vor dem Abriss bewahrt. Nicht zuletzt die Begeisterung aller Beteiligten und die gute Kommunikation und Zusammenarbeit haben das Projekt zum Erfolg geführt. Die Erweiterung der Xaver-Hafner-Brücke ist ein bedeutender Beitrag zum Ausbau der Radinfrastruktur in der Region. Die Überquerung der Donau ist seit der Fertigstellung, ob mit dem Rad oder zu Fuß, trotz hohem Verkehrsaufkommen sicher möglich.
Melanie Kotzan
Objektsteckbrief
Projekt: Errichtung eines Geh- und Radwegs an der Xaver-Hafner-Brücke, Landkreis Straubing-Bogen
Bauherr/Auftraggeber: Landratsamt Straubing-Bogen
Ingenieurbüro: Fritsche und Partner mbH, Deggendorf
Bauunternehmen: Geiger Bauwerksanierung GmbH & Co. KG, Warngau
Beton: 500 m3 LC 30/33, XC4 XD3 XF4, F3, Heidelberg Materials Beton, Werk Bogen/Fürth
Betonüberwachung: Betotech Baustofflabor GmbH, Gebiet Niederbayern
Zement: Heidelberg Materials, Zementwerk Burglengenfeld
Fertigstellung: Februar 2024