Die Konzernzentrale von Heidelberg Materials bietet nicht nur Platz für zirka 1.000 Mitarbeitende, sondern demonstriert auch eindrucksvoll, was mit dem Baustoff Beton möglich ist. „Das sollte sich auch im Innenhof widerspiegeln, der zuvor noch etwas kahl wirkte. Der Wunsch des Vorstands war eine Kombination aus Bäumen und gedruckten Freiraumelementen mit unserem Hightech Druckmaterial“, erklärt Steffen Benz, Projektleiter Neubau von Heidelberg Materials.
Möglichkeiten des 3D-Drucks
Der 3D-Betondruck eröffnet neue Möglichkeiten in der Herstellung und Bauweise von Bauwerken und integriert den BIM-Gedanken (Building Information Modeling), indem er digitale Planung und Umsetzung vereint. Neben Gebäuden und Hochbauelementen können auch Außenanlagen sowie Bauwerke im Garten- und Landschaftsbau und der Freiraumgestaltung realisiert werden. Die hohe Formfreiheit des 3D-Betondrucks ermöglicht es, organische Formen natürlicher Freiraumanlagen aufzunehmen und die Bauwerke flexibel daran anzupassen. „Die Kombination unseres Hightech Druckmaterials mit den Zukunftsbäumen passt sehr gut zusammen, denn der 3D-Druck ist auch ein Teil der Nachhaltigkeitsstrategie von Heidelberg Materials“, erklärt Beda Eber, Produktmanager Betonwaren & 3D-Betondruck, Heidelberg Materials.
Das ist das Tolle am 3D-Betondruck, wir finden für alle technischen Herausforderungen eine Lösung.
Marcel Förderer, verantwortlich Technik und Entwicklung bei der Röser GmbH, Laupheim
Innovative Innenhofgestaltung
Die Freiraumplanerin Mirjam Muhr aus Neuss wurde für die Gestaltung des Innenhofs der Hauptzentrale beauftragt. Der Innenhof sollte mit einer Begrünung attraktiver gemacht werden, aber auch noch Platz für Events bieten. Die Mitarbeitenden und Besuchenden sollen sich wohlfühlen und Lust haben zu verweilen, daher waren auch Beschattungsmöglichkeiten wichtig. „Als ich hörte, dass die Freiraumelemente gedruckt werden – oft wird Beton ja mit etwas Hartem und Rauem verbunden – wollte ich einen anderen Ansatz verfolgen und eher weiche, amorphe Formen gestalten. Später erfuhr ich, dass der 3D-Drucker keine Ecken drucken kann. Das war also reiner Zufall. Die Skizzen habe ich zunächst von Hand gezeichnet, um mehr Gefühl und Schwung einfließen zu lassen. Schließlich entschied ich mich für die Nierenform in zwei verschiedenen Größen“, erinnert sich Mirjam Mohr. Die großen Elemente dienen als Gefäße für die Bäume, während die übrigen Elemente mit kleineren Pflanzen ausgestattet sind. Das Design wurde anschließend in eine TEP-Datei (standardisiertes Dateiformat für den Austausch von 3D-CAD-Modellen) übertragen und zunächst probeweise in der Hauptverwaltung im Miniformat von einem 3D-Drucker gedruckt, bevor die Datei an die Röser GmbH übergeben wurde.
Das Drucken war das Einfachste
Die zuvor erwähnte STEP-Datei wurde bei Röser in ein entsprechendes Programm geladen, das die Datei für den 3DBetondrucker verständlich umwandelte und an diesen anschließend zum Druck übergab. „Das Interessante daran ist, dass die Datei dieselbe ist, egal ob sie von einem kleinen Filament-3D-Drucker oder einem Betondrucker verwendet wird. Die Datei muss lediglich in der entsprechenden Größe auf das gewünschte Format skaliert werden und schon geht es los“, erklärt Marcel Förderer, verantwortlich für Technik und Entwicklung bei Röser. Die reine Druckzeit für die insgesamt acht Elemente waren zirka 5,5 Stunden. Gedruckt wurden drei große Freiraumelemente für die Parrotia persica, mit 3 x 3 Metern Länge, 2,10 Metern Breite und 1,20 Metern Höhe und einem Gewicht von 2.100 Kilogramm sowie fünf kleine Elemente mit 1,90 Metern Länge, 1,25 Metern Breite und 0,44 Metern Höhe mit einem Gewicht von 1.200 Kilogramm. Die kleinen Elemente haben im Nachhinein noch einen konventionell betonierten Boden mit Abläufen bekommen. Die großen Elemente brauchten keinen Boden, dafür Öffnungen für die Be- und Entwässerung. Um später die großen Elemente mit dem Kran heben zu können, wurden zudem rechteckige Kammern für die Hebegurte des Krans vorgesehen. „Das ist das Tolle am 3D-Betondruck, wir finden für alle technischen Herausforderungen eine Lösung“, schwärmt Marcel Förderer.
Die Kombination unseres Hightech Druckmaterials mit den Zukunftsbäumen passt sehr gut zusammen, denn der 3D-Druck ist auch ein Teil der Nachhaltigkeitsstrategie von Heidelberg Materials.
Beda Eber, Produktmanager Betonwaren & 3D-Betondruck, Heidelberg Materials
Über den Dächern von Heidelberg
Eine besondere Herausforderung bestand allerdings darin, die schweren Freiraumelemente in den Innenhof zu transportieren. Dazu mussten sie mit einem Autokran über die sechs Stockwerke der Hauptzentrale gehoben werden – eine Distanz von 50 Metern. Dies funktionierte reibungslos, da beim Druck das statische Konzept berücksichtigt wurde und die 7 Zentimeter dicken Betonwände die Belastung aufnehmen konnten. Dafür war es erforderlich, dass das Bauteil kerzengerade mit dem Kran nach oben geführt wurde. Anschließend konnten die Elemente in die vorher ausgeschnittenen Öffnungen im Innenhof aufgesetzt werden. Für die großen Elemente ist ein Wurzelschutz angelegt und an eine Entwässerung gedacht. Alle Pflanzen werden automatisch nach modernster Technik bewässert.
Bereicherung der Hauptzentrale
Durch die Kombination von Zukunftsbäumen und innovativem Material für den 3D-Betondruck eröffnen sich neue Möglichkeiten für umweltfreundliches, effizientes und ästhetisch ansprechendes Bauen in der Freiraumgestaltung. Das filigrane Design und die außergewöhnliche Bepflanzung haben den Innenhof in einen attraktiven Aufenthaltsort verwandelt. Die Mitarbeitenden in der Hauptzentrale können sich bereits auf den Herbst freuen, wenn die Zukunftsbäume im Innenhof ein beeindruckendes Farbspektakel von Gelb, Orange und Dunkelrot bieten werden.
Zukunftsbäume spenden Schatten
Ein Innenhof stellt für viele Pflanzen einen herausfordernden Standort dar. Die Lösung hier waren sogenannte Zukunftsbäume, die auch als Persische Eisenholzbäume (Parrotia persica) bekannt sind. Dieser beeindruckende Laubbaum ist anpassungsfähig und resistent gegenüber verschiedenen Umweltstressoren. Er kann sowohl mit Trockenheit als auch mit unterschiedlichen Bodenbedingungen umgehen. Wegen seiner Widerstandsfähigkeit wird der Eisenholzbaumn als potenziell wichtiger Baum in der Klimaanpassung und Begrünung urbaner Gebiete angesehen. Für den Innenhof wurden drei Bäume aus der Baumschule Bruns in Bad Zwischenahn ausgewählt. Diese Bäume waren etwa 20 Jahre in der Baumschulkultur, bis sie eine Höhe von 3,50 Metern und einen Wurzelballen von 1,20 Metern erreicht hatten. Sie wurden regelmäßig beschnitten, um eine Schirmform zu entwickeln, die besonders viel Schatten spendet.
Objektsteckbrief
Projekt: Innenhofgestaltung der Hauptverwaltung von Heidelberg Materials mit 3D-gedruckten Freiraumelementen
Bauherr/Auftraggeber: Heidelberg Materials Deutschland
Freiraumplanerin: Mirjam Muhr, Neuss
3D-Betondruck: Röser GmbH, Laupheim
Beton: Hightech Druckmaterial, Heidelberg Materials
Garten- und Landschaftsbau: Gramenz GmbH, Wiesbaden
Pflanzen: Baumschule Bruns, Bad Zwischenahn
Projektverantwortlicher Konzeptionierung Innenhof: Steffen Benz, Heidelberg Materials
Fertigstellung: Mai 2024