Mit seiner einzigartigen Mischung aus Technik, Geschichte und Abenteuer hat das U-Boot U-434 am Fischmarkt einen festen Platz im Hamburger Hafen gefunden – ein Ort, an dem die Begegnung mit der Geschichte greifbar wird und Besucher sich von der Atmosphäre dieses beeindruckenden Zeitzeugen mitreißen lassen können.
Der Weg zum U-Boot
Für Christian Angermann war die Idee, ein ausgedientes sowjetisches U-Boot nach Deutschland zu bringen, eine Herzensangelegenheit. Der Erwerb eines stillgelegten sowjetischen U-Boots war jedoch kein einfaches Unterfangen. „Im Jahr 2000 war gerade der Machtwechsel in Russland, und es war der richtige Zeitpunkt für das Projekt“, erinnert sich Angermann. Die russischen Behörden verlangten zahlreiche Dokumente und Nachweise, und die Verhandlungen gerieten immer wieder ins Stocken. „Erst als die russische Seite erkannte, dass es meinem Team und mir nicht um ein wahlloses
Ausstellungsstück, sondern um eine würdige Präsentation dieses einzigartigen Zeitzeugen ging, kam Bewegung in die Gespräche“, berichtet Angermann. Schließlich wurde ihnen zwei noch aktive U-Boote angeboten. Die Wahl fiel auf die Tango-Klasse U-434. Zwei Tage später wurde das Boot außer Dienst gestellt und demilitarisiert, was auch den Ausbau der Waffensysteme sowie die Entfernung von Batterien und Schadstoffen umfasste. Die Maschinen und die gesamte Technik blieben jedoch vollständig erhalten, sodass U-434 theoretisch weiterhin fahrtüchtig wäre. Das 4.000 Tonnen schwere U-Boot wurden dann von einem Schlepper durch norwegische Gewässer gezogen, an der deutschen Bucht von zwei weiteren Schleppern übernommen und zur Hamburger Werft Bloom und Voss gebracht.
Das U-Boot U-434 wurde speziell zur Verteidigung der sowjetischen „Bastionen“ entwickelt – hochgesicherte Gebiete, in denen russische U-Boote mit SSBN-Atomraketen patrouillierten. Aufgrund der Reichweite dieser Raketen war es nicht nötig, den offenen Ozean zu überqueren. U-434 war mit einem geschlossenen Luftversorgungssystem ausgestattet, das mehrtägige Tauchgänge ermöglichte. Es konnte sowohl tragbare Luftabwehrraketen abfeuern als auch 24 Torpedos im Einsatz haben. Die U-Bootklasse Tango, zu der U-434 gehört, war eine Weiterentwicklung des Projekts 641b und wurde 1976 in Dienst gestellt. U-434 war bis 1991 in der russischen Marine und wurde nach dem Ende der Sowjetunion selten für Museumszwecke genutzt. Nach 1995 wurde die Tango-Klasse durch die Kilo- Klasse abgelöst. Die Baukosten für U-434 betrugen 110 Millionen US-Dollar.
Schritt für Schritt wurden wir in die Geheimnisse der russischen U-Bootflotte eingeweiht, um dieses Wissen später an unsere Besucher weiterzugeben.
Christian Angermann
Vom U-Boot zum U-Bootmuseum
Der authentische Umbau des U-Boots zum U-Bootmuseum war dem Team besonders wichtig, denn U-434 sollte in seiner Authentizität bewahrt werden, da es ein unwiederbringliches Einzelstück ist. Nach 6.000 Arbeitsstunden war der Umbau abgeschlossen. Der ehemalige Kapitän von U-434, Anatoly Germatenko und der Bordingenieur Alexander Beslepkin, begleiteten aktiv diese Phase. „Schritt für Schritt wurden wir in die Geheimnisse der russischen U-Bootflotte eingeweiht, um dieses Wissen später an unsere Besucher weiterzugeben“, erzählt Angermann.
Umzug nach St. Pauli
Die Stadt Hamburg hat das Projekt stets unterstützt. Im November 2002 öffnete das U-Bootmuseum Hamburg erstmals seine Luken für Besucher am Liegeplatz im Hamburger Hafen. Aufgrund des Neubaus der U4 in die HafenCity musste das Museum 2007 umziehen und verlegte seinen Standort 250 Meter östlich in den Baakenhafen. Nach sieben Jahren dort wurde das U-Boot 2010 von zwei Schleppern zu seinem jetzigen Liegeplatz am St. Pauli Fischmarkt eskortiert.
Beton spielt eine wichtige Rolle
„Die Heidelberg Materials AG hat uns bereits beim Bau des Besucherzentrums mit dem Beton für die Bodenplatte beliefert. Aber auch beim Erhalt des U-Boots spielt das Unternehmen eine entscheidende Rolle“, erklärt Christian Angermann. Nachdem das U-Boot an seinem endgültigen Liegeplatz am Fischmarkt ankam, musste es aufgrund der geringen Wassertiefe auf Grund gesetzt werden. Dafür wurde eine Rinne ausgebaggert. Anschließend musste die Böschung sowie die Fahrrinne mit 8.000 Tonnen Wasserbausteinen wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden. Um ein ungewolltes Auftauchen von U-434 bei Sturmfluten zu verhindern, gab die Behörde vor, das Boot mit zusätzlichen 500 Tonnen Ballast zu sichern. Christian Angermann setzte dazu auf den Unterwasserbeton von Heidelberg Materials, der das Boot optimal ballastiert. Der Unterwasserbeton schützt das U-Boot auch langfristig vor Verfall. „Diese Maßnahme ist notwendig, weil bei jeder Tide über die Austrittsöffnungen Luft in die Tauchtanks eindringt. Der ständige Wechsel zwischen Luft und Wasser führt zu Korrosion und könnte auf Dauer die Struktur des Bootes gefährden. Dazu wurde die Betonmischung durch temporär installierte Stutzen, die an den Luftaustritten aufgespannt sind, eingepresst. Der Beton wird in die Ballasttanks des U-Boots mit Hilfe einer 50-Meter-Betonpumpe eingebracht und ersetzt dort das vorhandene Wasser“, erklärt Benjamin Zimmermann von der Heidelberg Materials Beton, Region Nord-West. Diese Arbeit erfordert höchste Präzision, denn es dürfen keine Wassernester zurückbleiben. Diese könnten im Winter gefrieren und durch die Ausdehnung zu schwerwiegenden Schäden führen. Daher wurde das Einpressen mit äußerster Sorgfalt durch erfahrene Betonpumpenmaschinisten von Heidelberg Materials durchgeführt. „Beton gammelt nicht und rostet nicht – er schützt, stabilisiert und hält. Dank seiner alkalischen Umgebung zwischen pH 11 und 13 bleibt der Stahl sicher eingebettet und vor Korrosion bewahrt. Mit seiner fließfähigen Konsistenz und hoher Pumpfähigkeit lässt sich der Unterwasserbeton mühelos einbauen – ganz ohne zusätzliche Verdichtung“, ergänzt Vladimir Prudovskiy, Prüfstellenleiter Heidelberg Materials Beton, Region Nord-West.
Beton gammelt nicht und rostet nicht - er schützt, stabilisiert und hält.
Vladimir Prudovskiy, Prüfstellenleiter Heidelberg Materials Beton, Region Nord-West
Ein technisches Wunder im Hafen
Bereits zwei Millionen Besucher haben U-434 als lebendigen Zeitzeugen des Kalten Krieges und faszinierendes technisches Meisterwerk mittlerweile bestaunt. Besonderes Besucherhighlight: Bei Ebbe und Flut taucht das U-Boot scheinbar ab und wieder auf, als würde es einen echten Tauchvorgang vollziehen. Selbst bei Sturmfluten bleibt es dicht – unter anderem auch durch die Arbeit und den Beton der Heidelberg Materials AG. Mit innovativen Lösungen wurde das Boot nicht nur ballastiert, sondern auch dauerhaft geschützt, sodass es als imposantes Museum in Hamburg erhalten bleibt. „Die Mitarbeiter waren mit Begeisterung dabei und haben die Herausforderungen mit Perfektion gemeistert. Eine Baustelle, auf der bis zum Schluss alle zufrieden waren“, schwärmt Christian Angermann. U-434 verbindet auf einzigartige Weise Vergangenheit und Gegenwart und lädt noch viele Besucher ein, in die geheimnisvolle Welt der sowjetischen U-Boot-Technik einzutauchen.
Melanie Kotzan
Objektsteckbrief
Projekt: U-Bootmuseum Hamburg GmbH, St. Pauli Fischmarkt
Bauherr, Auftraggeber: Christian Angermann, Joachim Wagner
Beton: Großbetonage Ballastierung: 250 m³ Unterwasserbeton C20/25 XC3 F5 D8, Heidelberg Materials Beton, Werk Peute, Von 2010 bis 2024 insgesamt ca. 850 m³ vom C12/15 bis C40/50 inkl. Poriment
Betonpumpe: Heidelberger Betonpumpen, Heidelberg Materials Beton DE GmbH, Hamburg
Betonüberwachung: Betotech Baustofflabor GmbH, Bereich Hamburg
Zement: CEM III/A 42,5 N (na), (evoBuild 50, CO₂-reuzierter Zement), Werk Hannover
Fertigstellung: 2024