Das von der Politik vorgegebene Klimaschutzziel, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu sein, ist ambitioniert. Es ist nur erreichbar, wenn es gelingt, den CO2-Ausstoß rasch und nachhaltig zu reduzieren. Folglich ist CO2-Effizienz das Gebot der Stunde. Dies gilt auch für den Einsatz von Zement und Beton. Dass sich damit durchaus nachhaltig bauen lässt, beweist der neu gebaute Streckenabschnitt der A9 in der Nähe von Bayreuth. Auf einer Länge von rund vier Kilometern wurde dort statt des sonst üblichen CEM I-Typs der wesentlich klimafreundlichere CEM II/ A-LL 42,5 N eingebaut – und zwar im Unter- und Oberbeton.
„Für uns ist dies ein echter Meilenstein, weil wir hier CEM II/A-LL 42,5 N erstmals auch für den Oberbau eingesetzt haben. Weiteres Novum: Die Deckschicht wurde gegrindet“, erklärt Philipp Zenger, zuständig für Produktmanagement Verkehrswegebau von Heidelberg Materials. Dies sei wichtig, um die Lärmemission zu vermindern und die Fahrbahnoberfläche durch die Verbesserung der Ebenheit zu entlasten, was die Erhaltungskosten minimiert und den Nutzungszeitraum verlängert.
„Über kurz oder lang müssen wir Alternativen zum CEM I finden, weil der CO2-Fußabdruck einfach zu groß ist. Ein Kandidat ist CEM II/A-LL 42,5 N.“
Janin Kuhnsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Bundesanstalt für Straßenwesen
Praxistests überzeugen
Sowohl die Umstellung des Zementtyps, als auch das Grinding fördern die Nachhaltigkeit ent- scheidend. „Dass der CEM II-Typ alle Vorgaben erfüllt, haben wir im Vorfeld der Einbaumaßnah- men nachdrücklich gezeigt“, betont Betontech- nologe Dirk Ohlemann, Geschäftsführer Heide Baulabor GmbH. „In enger Abstimmung mit der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) haben wir zahlreiche Tests durchgeführt und Parameter wie Druck-Spaltzug- und die Abreißfestigkeit, das Schwindverhalten des Betons in speziellen Schwindrinnen sowie zahlreiche Frost- und Frost- Tausalz-Widerstände bestimmt. Die Ergebnisse waren allesamt positiv“, ergänzt Ohlemann. Folglich gab der Auftraggeber, die Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Nordbayern, grünes Licht für den Einbau des CEM II/A-LL 42,5 N.
Einbau nach Plan
Der Einbau selbst erfolgte in zwei Phasen. Die ers- te Fahrbahnhälfte des Streckenabschnitts wurde im Sommer 2023 verlegt, die zweite im Oktober. Ab Januar 2024 starteten die Grinding-Phase und im Anschluss das Verschließen der Fugen. Der gesamte Bauablauf sei nach Plan verlaufen, versichert Marius Schott, Bauleiter von Bickhardt Bau SE. „Die Kennwerte beim CEM II sahen ähn- lich gut aus wie beim CEM I. Entsprechend waren auch verarbeitungstechnisch keine Veränderungen infolge der Zementumstellung nötig“, ergänzt Bauleiter Schott.
Begleitendes Prüfprogramm
Auch nach Fertigstellung der Betonage-Arbeiten läuft das Prüfprogramm weiter. „Wir haben schon während der ersten und zweiten Einbauphase in regelmäßigen Abständen Kontrollprüfungen durchgeführt, etwa die Fugenöffnungsweiten be- stimmt. Das werden wir in regelmäßigen Abstän- den auch weiterhin tun“, erläutert Janin Kuhnsch, BASt, die das Projekt als wissenschaftliche Mitarbeiterin begleitet. Bei den Messungen im Sommer und Winter hätten sich temperaturbedingt natürlich unterschiedliche Werte ergeben, die aber erwartbar seien und allesamt im Toleranzbereich lägen.
Aus dem Blickwinkel der Messwerte steht einem Einsatz von CEM II/A-LL 42,5 N bei künftigen Fahrbahnsanierungen nichts im Wege. Das Wich- tigste sei, so Kuhnsch, mithilfe von Projekten wie diesen möglichst viele Erfahrungen zu sammeln und damit neuen Zementtypen und Anwendungen den Weg zu ebnen. „Standardmäßig wird für den Fahrbahnbau zwar bislang noch CEM I 42,5 N genutzt. Aber über kurz oder lang müssen wir Alternativen zum CEM I finden, weil der CO2-Fuß- abdruck einfach zu groß ist. Ein Kandidat ist CEM II/A-LL 42,5 N.“
Das sieht auch Philipp Zenger so: „Für mich ist der Einbau ein bedeutender Schritt in Richtung Klimaneutralität, weil er das Feld verfügbarer Zementsorten erweitert.“ Die Tests zeigen: CEM II/A-LL 42,5 N steht im Leistungsprofil Zementtyp CEM I in nichts nach, im Gegenteil: Er ist um Dimensionen nachhaltiger.
Dr. Georg Haiber
Objektsteckbrief
Projekt: Fahrbahnsanierung A9 zwischen Himmelkron und Bayreuth-Nord
Auftraggeber: Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Nordbayern
Bauunternehmen: Bickhardt Bau SE, Kirchheim
Bauleitung Betondeckeneinbau Fahrbahn: Bickhardt Bau SE, Kirchheim
Beton: Bickhardt Bau SE
Zement: 7.800 t CEM II/A-LL 42,5 N mit Na2O-Äquivalent < 0,60 %, Heidelberg Materials, Werk Burglengenfeld
Fertigstellung: Januar 2024