Die Geothermie ist eine unerschöpfliche und vor allem klimafreundliche Energiequelle mit einem riesigen Energiepotenzial: Die Erde ist im Kern 6.000 Grad Celsius heiß und erzeugt einen Wärmestrom bis hin zur Erdoberfläche. Professor Ingo Sass vom Institut für Angewandte Geowissenschaften der Technischen Universität Darmstadt möchte mit seiner Lehr- und Forschungstätigkeit dazu beitragen, dass die Akzeptanz der Geothermie als Energiequelle durch Wärmespeicherung im Untergrund weiter gesteigert wird.
Forschen auf dem Campus
Im Rahmen eines Forschungsprojekts werden dazu am Campus Lichtwiese der Technischen Universität Darmstadt drei 750 Meter tiefe Bohrungen mit geringem Achsabstand von zirka acht Meter erstellt um diese anschließend zu mitteltiefen Erdwärmesonden auszubauen. Die drei Erdwärmesonden sollen in einem 1,5-jährigem Forschungsbetrieb als weltweit erster mitteltiefer Erdwärmesondenspeicher betrieben werden. Dazu wird über mobile Heizgeräte saisonale Wärme simuliert, in den Untergrund eingebracht und über mobile Kühlgeräte antizyklisch wieder entzogen. Die Forschenden der TU Darmstadt wollen damit den Beleg liefern, dass Abwärme und regenerative Wärme wirtschaftlich im Untergrund gespeichert werden können.
Das wäre ein großer Schritt auf dem Weg zum sich selbst versorgenden energieeffizienten und grünen Campus und ein Beitrag zum Klimaschutz.
Professor Ingo Sass, Institut für Angewandte Geowissenschaften TU Darmstadt
Über drei naheliegende Grundwassermessstellen wird ein kontinuierliches thermisches und hydrochemisches Grundwassermonitoring während dem Bau und Betriebs des Demonstrationsspeichers durchgeführt. Die Betriebs- und Monitoringergebnisse sollen zudem dazu verwendet werden, bestehende Simulationswerkzeuge zu validieren und weiterzuentwickeln, um zukünftig bessere Vorhersagen bei der Dimensionierung solcher Systeme zu treffen und die Auswirkungen auf die Umwelt genauer abzuschätzen.
Spezialprodukte für das Forschungsprojekt
Bei den zirka 750 Meter tiefen Bohrungen kamen drei sehr spezielle Baustoffe von Heidelberg Materials zum Einsatz. Vor Beginn des Forschungsvorhabens wurden die Baustoffe für diesen Zweck angepasst. Der größte Teil der Bohrung wurde mit hochwärmeleitfähigem ThermoCem TC 03 ausgebaut. Beim Entzug der eingespeicherten Wärme zum Beispiel leitet diese Zementierung die Wärme nahezu verlustfrei aus dem Umgebungsgestein in die Bohrung, damit sie nach oben hin abtransportiert werden kann.
Der zweite Baustoff ist der ThermoCem Basic 0,6. Dieser Baustoff hat die Aufgabe, im oberen Bereich der Bohrungen isolierend zu wirken, damit möglichst wenig der aufsteigenden Wärme aus der Bohrung in das oberflächennahe, kühle Gestein entweicht. Der dritte Baustoff, eigens Brunnendämmerspezial SKWES genannt, eignet sich besonders zur Abdichtung von durchteuften (durchbohrten/durchstoßenen geologischen Schichten) Grundwasserspiegeln in oberen Bohrungen, da er aufgrund seiner äußerst geringen Durchlässigkeit eine zuverlässige Abriegelung gewährleistet.
Beim umgekehrten Betrieb der geothermischen Bohrungen, also beim Einbringen und Speichern von Überschusswärme in das tiefe Gestein, wirken diese drei Baustoffe gleichermaßen wie oben beschrieben. „Wir sind stolz darauf, dass unsere Baustoffe für dieses Forschungsprojekt genutzt wurden. Die Abteilung Spezialtiefbau von Heidelberg Materials hat gezeigt, dass wir die Spezialprodukte auf besondere Anforderungen hin anpassen können – und somit im Hinblick auf die CO2-Verringerung einen wichtigen
Beitrag leisten“, sagt Dr. Volker Klapperich, Produktmanager Spezialtiefbau, Heidelberg Materials.
Die Erschließung von Geothermie als erneuerbare Energiequelle hat großes Potenzial für die Energiewende. Um diese Vision zu verwirklichen, sind Forschungsprojekte wie SKEWs von großer Bedeutung, da sie dazu beitragen können, die erforderliche Akzeptanz von Immobilienbesitzern, Baubehörden, Energieanbietern und Unternehmen zu gewinnen und das Bewusstsein für die notwendige Planung zu schärfen.
Melanie Kotzan
Objektsteckbrief
Projekt: SKEWS Forschungsprojekt des Fachbereichs
Geothermie der TU Darmstadt
Zuwendungsgeber: Projektträger Jülich GmbH,
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Verbundpartner: H. Anger’s Söhne Bohr- und Brunnenbaugesellschaft mbH, Handke Brunnenbau GmbH, Geotechnisches Umweltbüro Lehr, Step Oiltools GmbH
Assoziierte Partner: Leibniz-Institut für Angewandte
Geophysik (LIAG), Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie
Zement: Heidelberg Materials, Werk Ennigerloh:
ThermoCem TC 03 (90 t); ThermoCem Basic 0,6 (16 t); Brunnendämmer Spezial SKEWs (12 t) Fertigstellung: 2024