Bevor Ende 2020 der Ausbau der Autobahn A 81 zwischen dem Stuttgarter Kreuz und dem Industriegebiet Böblingen-Hulb beginnen kann, sind umfangreiche Sanierungen und Umbauten der innerstädtischen Straßen notwendig. Eines der wichtigsten Projekte für den Landkreis Böblingen ist in diesem Zusammenhang der Ausbau der sogenannten Daimler-Kreuzung. Sie erhält als erste in der Region einen Straßenbelag aus Beton. Bei der letzten Analyse der Verkehrsbelastungen für die Oberbaubemessung hatten sich für die dortige Gottlieb-Daimler-Straße Nord mit rund 28.000 Kraftfahrzeugen (Kfz) und 3.640 Lastkraftwagen mit über 3,5 Tonnen (SV), die hier täglich in oder aus Richtung des Daimler-Werkes in Sindelfingen unterwegs sind, die höchsten Belastungen ergeben. Zudem wies die bisherige Daimler-Kreuzung in Asphaltbauweise durch die hohe LKW-Belastung starke Spurrinnen auf. In der Bedarfsanalyse für die weitere Entwicklung des Daimlerknotens sowie den geplanten Ausbaumaßnahmen für das innerstädtische Baugebiet „Flugfeld“ zwischen der A 81 und der City von Böblingen sind für die nächsten Jahre erhebliche Steigerungen des Verkehrsaufkommens bis zu 37.700 Kfz/d; 4.310 SV/d vorausgesagt worden. Dazu gehörte auch das Bekenntnis des Autobauers Daimler seine S-Klasse weiterhin dort sowie auch die künftigen Elektrofahrzeuge am Standort Sindelfingen produzieren zu wollen.
Aufgrund der hohen Verkehrsbelastung bietet sich die Betonbauweise geradezu an.
Dr.-Ing. Robert Bachmann, Leiter Technischer Vertrieb der Heidelberger Beton GmbH, Deutschland
Verkehrsfläche aus Beton auf Grund hoher Verkehrsbelastung
In Kenntnis der genannten Zahlen entschied sich das Landratsamt Böblingen in seiner Funktion als Bauherr, die Ertüchtigung des Knotenpunkts K 1073 / Gottlieb-Daimler-Straße in Betonbauweise (Abschnitt 1) zu planen, auszuschreiben und ausführen zu lassen. Aufgrund des starken Verkehrsaufkommens und des hohen LKW-Anteil entschieden die Planer den Fahrbahnaufbau im direkten Kreuzungsbereich in Betonbauweise, und in den Anschlussbereichen aller vier Äste sowohl in Beton- als auch in Asphaltbauweise auszuführen. Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Kreuzung ist durch die Anlage zusätzlicher Fahrspuren und durch die Verlegung des Rechtsabbiegestreifens in Richtung der Bundesstraße B 464 geplant. Zudem sind Leit- und Schutzeinrichtungen erneuert beziehungsweise ergänzt worden.
In den Anschlussbereichen des Knotenpunktes wurden in Teilen, in denen eine gleichmäßige standfeste Asphalttragschicht festgestellt wurde, die oberen Asphaltschichten abgefräst und eine neue Straßenoberdecke eingebaut. In Teilbereichen, in denen der gesamte Asphaltaufbau mangelhaft ist, wurde der gesamte Straßenquerschnitt erneuert, die vorhandenen Frostschutzschichten verblieben. Der Schotteraufbau ist entsprechend den planerischen Vorgaben und dem vorgefundenen Fahrbahnaufbau ergänzt oder als Vollausbau neu hergestellt worden. Neue angelegte Fahrstreifenspuren wurden nach dem Abtrag als Vollausbau ausgeführt. In diesem Zusammenhang fielen auch Arbeiten an Straßeneinläufen und Entwässerungsrohrleitungen an.
Ausführung bei laufendem Verkehr
Um das hohe Verkehrsaufkommen während den Bauarbeiten bewältigen zu können, waren umfangreiche Verkehrssicherungs- und -umleitungsmaßnahmen erforderlich. Bei der Planung der Bauarbeiten standen deshalb zwei Szenarien zur Debatte: eine kurze Bauphase mit konsequenter Vollsperrung oder eine Ausführung unter laufendem Verkehr. Aufgrund der großen Bedeutung der Daimler-Kreuzung entschied sich das Landratsamt für Sanierung und Erweiterung des Knotenpunktes in zwei Bauabschnitten.
In der ersten Bauphase wurde die westliche Seite der Kreuzung in Richtung der Bundesstraße B 464 umgestaltet. Diese Arbeiten waren bis Juni 2019 abgeschlossen. Bis September folgten dann die östliche Seite des Knotenpunktes und abschließend die neu ergänzte Rechtsabbiegespur von Daimler kommend in Richtung Bundesstraße. Das gewählte Bauausführungskonzept hält den Verkehr vom Daimler-Werk aus in alle Richtungen offen, was dem Autobauer, der von Beginn an in die Planung einbezogen war, auch sehr wichtig ist.
Während Beton bei Autobahnen, Rastplätzen, Busbahnhöfen und Kreisverkehren schon länger ausgeschrieben und ausgeführt wird, kommt er bislang in Kreuzungsbereichen kaum zum Einsatz. Für die Region in Baden-Württemberg ist diese Maßnahme daher eine Premiere. In Böblingen wurde der neue Straßenbelag in Beton ausgeführt und nicht wie es die übliche Planungstradition vermuten lässt aus Asphalt. So bleiben die Fahrbahnen über Jahrzehnte in der Lage, die extremen Anforderungen aus dem darüber rollenden Schwerlastverkehr auszuhalten, ohne dass größere Instandhaltungsmaßnahmen aufgrund von Verdrückungen des Belages und den daraus resultierenden Spurrinnen in dieser Zeit notwendig werden.
Die technischen Details im Fokus
Die zu bewältigenden Aufgabestellungen waren für die am Bau Beteiligten herausfordernd und in ihrer Umsetzung zukunftsweisend. Neben der Verkehrsleitplanung traf dies vor allem auf technische Details zu. So kam ein Betonstraßenfertiger zum Einsatz, um eine schnelle Bauzeit und eine sehr ebene Oberfläche zu erreichen. „Die traditionellen Vorbehalte gegenüber Beton, wie etwa die 28 Tage Aushärtezeit, sind im Verkehrswegebau nicht mehr zeitgemäß“, meint hierzu Dr. Robert Bachmann, der Leiter Technischer Vertrieb der Heidelberger Beton GmbH, die insgesamt 1600 Kubikmeter Beton aus dem nahe gelegenen Werk Gärtingen lieferte. „Das Regelwerk gibt dazu auch heute schon klare Richtlinien vor, die eine vorzeitige Verkehrsfreigabe ermöglichen“, erläuterte der Betonspezialist. Auch die wechselnden Fahrbahnbreiten, das wechselnde Gefälle und Fahrbahnneigungen, Schachteinbauten und der angrenzende Verkehr bei einer halbseitigen Sperrung mit einer sicheren Fußgänger- und Radfahrerführung durch das Baufeld stellten weitere planerische Aufgaben dar.
Die Bauabschnitte waren so angelegt, dass der bis zu zehn Meter breite Betonfertiger, eine Maschine, die im Autobahn- und Straßenbau eingesetzt wird, die Hauptachsen am Stück herstellen konnte. Die Betonfahrbahnplatte ist mindestens 26 Zentimeter dick und mit 54 Millimeter langen Polypropylenfasern verstärkt worden. Diese dienen als eine Art „Mikrobewehrung“, welche die Widerstandsfähigkeit des Betons erhöhen und somit die Rissanfälligkeit reduzieren kann.
Die Vorteile des fasermodifizierten Straßenbetons – verringerte Schwindrissneigung und höhere mechanische Belastbarkeit – kommen gerade bei hochbelasteten Verkehrs- und Industrieflächen zum Tragen.
Dr.-Ing. Robert Bachmann, Heidelberger Beton
Fasermodifizierter Straßenbeton mit Luftporen
Für den beschriebenen Kreuzungsbereich lieferte Heidelberger Beton per Fahrmischer fasermodifizierter Straßenbeton C30/37, mit einer Druckfestigkeit von mindestens 37 N/mm² und einer geforderten Biegezugfestigkeit von 4,5 N/mm² jeweils nach 28 Tagen. Betonfahrbahnen, das ist für Planer im Verkehrswegebau wichtig, lassen sich schon früher als nach den bekannten 28 Tagen freigeben. Hierzu muss ein vergleichbarer Probewürfel, der unter den gleichen Bedingungen wie der betreffende Straßenabschnitt gelagert wird, bei Prüfung der Festigkeit des Betons 26 N/mm2 erreichen. So können Straße auch schon nach gut der Hälfte der Zeit befahrbar werden.
Der sogenannte Luftporenbeton mit durchschnittlich 5,5 Prozent künstlich eingebrachten Luftporen erzeugt einen Widerstand gegen die Umwelteinflüsse „Frost, hohe Wassersättigung mit Taumittel“ bei Betonstraßen und wird fachsprachlich mit der Expositionsklasse XF4 beschrieben. Die für das bloße Auge nicht erkennbaren künstlichen Luftporen garantieren, dass in den Beton eindringendes Wasser (Kapillarwirkung) beim Gefrieren ausreichend Platz zum Ausdehnen hat und die Betonoberfläche durch die Eisbildung und der damit verbundenen Volumenvergrößerung nicht abplatzt. Zusätzlich unterbrechen die Luftporen den Kapillarsog, wodurch ein tieferes Eindringen von Wasser in den Betonquerschnitt vermieden wird. Eventuelle, nicht einsehbare Schädigungen im inneren der Betonfahrbahndecke sind somit ausgeschlossen.
WS geprüfte Gesteinskörnung
Interessant ist auch der Einsatz einer sogenannten „WS“ geprüften Gesteinskörnung für den Beton. Beton mit der Feuchtigkeitsklasse „WS“ (feucht + Alkalizufuhr von außen + dynamische Belastung) erfordert diese speziell geprüfte Gesteinskörnung um eine Alkalikieselsäure-Reaktion (AKR) zu vermeiden. Bei Anwendung des im Regelwerk diktierten Verfahrens V2 “WS-Grundprüfung“ bedeutet dies den Einsatz einer Gesteinskörnung, welche in der sogenannten BASt-Liste aufgeführt und damit entsprechend zur Verwendung im Betonstraßenbau geprüft ist.
Um mit all diesen Parametern eine geeignete, vor Ort einbaubare und funktionierende Betonrezeptur zu entwickeln, wurde vorab eine Eignungsprüfung im beauftragten Transportbetonwerk gefahren. Diese entspracht den Empfehlungen des M VaB (M VaB – Merkblatt für Planung, Konstruktion und Bau von Verkehrsflächen aus Beton) – mit Bezug auf das Regelwerk der ZTV Beton -Stb 07.
Im Mai 2019 begannen dann die eigentlichen Straßenarbeiten. Zunächst musste der komplette bestehende Asphaltbelag herausgefräst werden. Im Anschluss konnte dann der Unterbau mit Schotter profiliert werden, bevor schließlich der Betonfertiger auf einer zuvor erstellten Tragschicht aus Asphalt von acht Zentimetern Dicke zum Einsatz kam. „Das Know-how, das wir als Heidelberger Beton seit Jahren im kommunalen Betonstraßenbau aufgebaut haben, können wir bei jedem Projekt zum Nutzen unserer Kunden mit einbringen“, weiß Dr. Robert Bachmann aus Erfahrung. “Das ist unsere klare Stärke.“ Das Landratsamt Böblingen als Bauherr begleitete die Umbaumaßnahmen mit ihrem unbemannten Flugsystem und führte Kontrollmessungen durch. Mitte Oktober letzten Jahres ist die Kreuzung offiziell eingeweiht worden.
Text: IZB (Dipl.-Ing. Alexander Grünewald); Susanne Ehrlinger
Objektsteckbrief
Bauherr: Landratsamt Böblingen
Ausführendes Unternehmen: BERGER HOLDING SE, Passau
Produkt: 1560 m3 fasermodifizierter Straßenbeton C30/37 XF4 der Heidelberg Beton GmbH, Gebiet Stuttgart
Zement: CEM I, 42,5 N-SR3, HeidelbergCement Werk Schelklingen
Lieferwerk: Gärtringen
Fertigstellung: Oktober 2019
Kontakt & Links
Leiter Technischer Vertrieb
Dr. Robert Bachmann
Vertrieb Heidelberger Beton GmbH - Gebiet Stuttgart
Dietmar Boger
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