Das Licht am Ende des Tunnels sieht man schon durch denselben: „Der Herrschaftsbucktunnel ist mit knapp 500 Metern Länge nicht besonders lang, aber die Herausforderungen und Arbeitsvorbereitungen sind die gleichen wie bei einem Tunnel von mehreren Kilometern Länge“, sagt Roland Arnold, Projektleiter von der Innsbrucker BeMo Tunnelling GmbH, die zusammen mit dem Argepartner Subterra den Rohbau errichtet.
Der zweiröhrige Tunnel wird nach seiner Fertigstellung den Straßenverkehr der Ost-West-Verbindung von der Bundesautobahn A5 zur A81 bis in die Schweiz leiten. Arnold: „Der Tunnel unterfährt die namensgebende Bergkuppe des Herrschaftsbucks. Er bringt eine große Entlastung für die Menschen am Hochrhein, die in der dicht besiedelten Region auf eine gute Infrastruktur angewiesen sind. Das Ganze ist ein wichtiger Durchbruch beim Weiterbau der A98, die bislang am Autobahndreieck Hochrhein endet.“
Die Ingenieure wählten für das Projekt die „Neue Österreichische Tunnelbauweise“ (NÖT), die auf eine Tunnelbohrmaschine verzichtet. „Diese rechnet sich normalerweise erst bei einem längeren Tunnel“, erklärt Roland Arnold. „Außerdem benötigt ein Straßentunnel mehr Breite als Höhe – im Gegensatz zu einem Eisenbahntunnel mit seiner Oberleitung. So haben wir zwei eher eiförmige Röhren im sogenannten Maulprofil in den Berg gebaggert und gesprengt.“
Beide Tunnelröhren wurden – mit geringem Vorlauf der Nordröhre (30 Meter) – gleichzeitig von Osten her aufgefahren. „Von Westen kommend steigt das Gelände relativ steil an, so dass nach circa 100 Metern die maximale Überlagerung von 20 bis 25 Metern erreicht wird. Die Röhre in Fahrtrichtung Westen wird 7,5 Meter breit und bekommt zwei Fahrspuren, die nach Osten wird dagegen elf Meter breit und erhält drei Spuren, da es auch eine Einfädelspur geben wird“, so der Bauingenieur. „Neben den beiden Röhren sind seitliche Notgehwege angeordnet. Diese Wege sind in der Tunnelmitte mit einem Querschlag verbunden, damit im Falle eines Brandes die jeweils andere Röhre als Fluchtweg dienen kann“, ergänzt Roland Arnold.
„Das Durchfahren des schwierigen Baugrunds stellte eine große Herausforderung dar“, erklärt Arnold. „Wir mussten uns hier durch verschiedene Gesteinsschichten mit unterschiedlichen Eigenschaften arbeiten. Lettenkeuper und Muschelkalk trafen wechselweise aufeinander – dazu Gipskeuper und Karst. Die prognostizierten Wassermengen sind aber nicht eingetreten.“
In Spitzenzeiten waren rund 120 bis 130 Personen auf der Baustelle – unter anderem Mischwagenfahrer, Eisenbinder oder Abdichter. Auf dieser Baustelle wird im großen Maßstab gearbeitet – und das Tag und Nacht, 24 Stunden und 7 Tage die Woche.
Roland Arnold
„Nach jedem Abschlag von 1,25 Metern war es das A und O, die frisch ausgebrochene Tunnellaibung sofort zu sichern, damit eventuell herabfallende Gesteinsbrocken nicht unsere Arbeiter gefährden“, so Arnold. Diese Sicherung erfolgte durch eine etwa drei Zentimeter dicke Lage Spritzbeton. „Erst dann setzen wir die erste Bewehrungslage und den Stahlgitterbogen als Stützelement. Darauf kommt dann erneut Spritzbeton. Pro Spritzvorgang trägt der Mineur zunächst rund neun Kubikmeter beziehungsweise 20 Tonnen Spritzbeton auf. Nach einer zweiten Armierungs- und Spritzbetonlage bedecken je nach Vortriebsklasse etwa 15 bis 40 Zentimeter Spritzbeton die Wände.“
Im Prinzip startet die Zementreaktion schon im Flug des Spritzbetons.
Dr. Klaus Felsch
OBJEKTSTECKBRIEF
Projekt:
Herrschaftsbucktunnel, Rheinfelden
Bauherr:
Land Baden-Württemberg
Eigentümer:
Bundesrepublik Deutschland
Planung:
Regierungspräsidium Freiburg
Baufirma:
Arbeitsgemeinschaft Herrschaftsbucktunnel BeMo Tunnelling / Subterra, Innsbruck
Zement:
CEM I 52.5 N sowie CEM II ALL 42,5 N aus dem Werk Schelklingen der HeidelbergCement AG
Beton:
Mobile Betonkonzepte GmbH, München
Bauzeit:
voraussichtlich bis Mitte 2019
Baukosten:
ca. 37,5 Mio. Euro
Längen:
Nordröhre 475 m, Südröhre 485 m
Spieße, die vier Meter tief rund um die sogenannte Firste, also die Tunneldecke, in das Gestein gebohrt werden, sowie radiale Anker geben dem Tunnel zusätzlichen Halt. So ist er gut gesichert, bis nach Abklingen der Setzungen die eigentliche Innenschale betoniert wird.
Für den Spritzbeton wurde ein CEM I 52.5 N (sb) aus dem Werk Schelklingen der HeidelbergCement AG verwendet. Dieser zeichnet sich durch eine besonders hohe Reaktivität aus. „Im Prinzip startet die Zementreaktion schon im Flug des Spritzbetons“, erklärt Dr. Klaus Felsch, Produktmanager Verkehrswegebau bei HeidelbergCement in Deutschland. „Das Erstarren setzt unmittelbar nach Aufspritzen des Betons ein.“
„Das endgültige Tragsystem , nämlich die 60 Zentimeter starke Betoninnenschale, wird unter Verwendung verfahrbarer Schalwagen mit einem CEM II A-LL 42.5N eingebaut“, sagt Arnold. Die Besonderheit ist „der Einsatz von Kunststofffasern im Beton, die dem Brandschutz dienen. Die Verwendung von Brandschutzbeton für die Tunnelschalen ist inzwischen Standard.“ In Brandschutzbetone werden Propylenfasern eingemischt, die im Brandfallereignis schmelzen sollen, so dass über die kapillare Struktur im Zementstein Dampfdruck abgebaut wird. Im Ergebnis lassen sich Betonabplatzungen minimieren und die damit verbundene Gefährdung von Personen (Betroffene und Helfer) wird reduziert. Auf diese und ähnliche Weise leistet eine Vielzahl von Bauprodukten und intelligenten Bauweisen einen alternativlosen Beitrag zur Sicherheit auf den Verkehrswegen.
Conny Eck
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Klaus Felsch