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Ortsumgehung Garmisch-Partenkirchen // Ausgabe 1/2022

Sicher Getunnelt

Entlang der Nord-Süd-Route rollen Tag für Tag mehr als 40.000 Kraftfahrzeuge durch Garmisch-Partenkirchen. Eine nicht zumutbare Belastung für Stadt und Anwohnende. Entlastung sollen der Wank-Tunnel im Osten sowie der Kramertunnel im Westen bringen. Während sich der Wank-Tunnel noch in der Genehmigungsphase befindet, ist das Kramer-Massiv bis Ende des Jahres durchtunnelt.

Tunnel & Brücken

Während im Süden der Vortrieb durch lockere Gesteinsschichten zügig vorankam, dauerte der Vortrieb im Norden länger, da das Tunnelteam auf seinem Weg durch den Berg einen Bergsturzbereich durchdringen musste. Derartige Zonen zeichnen sich durch unterschiedliche, mitunter sehr wasserhaltige Gesteinsschichten aus. Werden sie angebohrt, können große Wassermengen freigesetzt werden und das Tunnelbauteam gefährden. „Deshalb haben wir bereits im Vorfeld Untersuchungen durchgeführt und festgestellt, dass der Wasserdruck entlang eines 400 Meter langen Abschnitts tatsächlich viel zu hoch war. Folglich mussten wir, um die Arbeiter zu schützen, den Grundwasserspiegel künstlich absenken, bevor wir den Vortrieb weiter fortsetzen konnten“, erläutert Roland Arnold, Technischer Geschäftsführer der ARGE Kramertunnel und Gesamtverantwortlicher des Projekts.

Dieses Bauprojekt bietet sämtliche Facetten des konventionellen Tunnelbaus, weil hier alle gängigen Tunnelbau-Verfahren zum Einsatz kommen, darunter Sprengvortrieb, Lockergesteinsvortrieb und Bergsturzvortrieb.

Roland Arnold, Technischer Geschäftsführer der ARGE Kramertunnel und Gesamtverantwortlicher des Projekts

Trotz der künstlichen Grundwasserabsenkung hat das Team während der Vortriebsarbeiten immer wieder mit austretendem drückendem Bergwasser zu kämpfen. Daher ist es wichtig, den Ausbruchsraum möglichst rasch mit Beton zu sichern. Das heißt, der Vortrieb soll möglichst Hand in Hand mit dem Betoneinbau gehen. Dazu ist eine einwandfrei funktionierende Logistik nötig. „Das klappt sehr gut, weil wir die bereits angelegten Rettungsstollen als Zufahrtswege nutzen und so die jeweilige Betonierposition gut versorgen konnten“, erläutert Tunnelbauspezialist Arnold. Für einen zuverlässigen Materialnachschub sorgen die zwei mobilen Betonmischanlagen am Nord- und Südportal des Tunnels, die im Dauerbetrieb arbeiten. Die Mischanlagen werden von der Mobile Betonkonzepte GmbH, München, gestellt und betrieben.

Prinzipiell benötigen wir beim Tunnelbau je nach Verwendungszweck beinahe die komplette Bandbreite an Betonen.

Roland Arnold, Technischer Geschäftsführer der ARGE Kramertunnel und Gesamtverantwortlicher des Projekts

Zur Sicherung des Vortriebs wird Spritzbeton benötigt. Damit der aufgespritzte Beton das nachdrückende Bergwasser effektiv zurückhalten kann, muss er mit hohem Druck flächig aufgetragen werden und soll nach Zugabe eines Erstarrungsbeschleunigers an der Spritzdüse in Sekundenschnelle erstarren. Dies wiederum erfordert einen optimierten Spritzbetonzement. Neben den Spritzbetonen der Frühfestigkeitsklasse J3 zur Vortriebssicherung kommen auch Betone anderer Festigkeitsklassen, etwa für die Innenschale, zum Einsatz.

Die Reaktivität des Zements können wir bei der Herstellung durch Ausmahlung und Zusammensetzung des Sulfatträgers beeinflussen. Damit die Baustelle gut versorgt wird und immer ausreichend Bindemittel zur Verfügung steht, haben wir eine Zement-Liefergemeinschaft mit dem Südbayerischen Portlandzementwerk Gebrüder Wiesböck & Co. GmbH, Rohrdorf, gebildet.

Dr. Klaus Felsch, Produktmanager Verkehrswegebau HeidelbergCement

So sind für den Bau der Tunnel-Innenschale die Anforderungen in puncto Erstarrungsgeschwindigkeit weniger anspruchsvoll als beim Bau der Außenschale. Entscheidend sind aber Stabilität und Wasserdichtigkeit des gesamten Schalensystems. Es muss einem enormen Wasserdruck standhalten, denn nach Fertigstellung des Tunnels soll der Grundwasserspiegel wieder den alten Stand erreichen. Deshalb planten die Ingenieure von vorneherein eine zweischalige Tunnelkonstruktion, bestehend aus einer Spritzbeton- Außenschale, die das Gebirge stabilisiert, und einer, je nach geologisch und geotechnischen Erfordernissen, 30 bis 40 Zentimeter starken Innenschale aus Stahlbeton. Zwischen Außen- und Innenschale ist eine Kunststoffdichtungsbahn als Rundumabdichtung angebracht. Im Bergsturzbereich ist diese Rundumabdichtung in Form von zusätzlichen doppellagigen Abdichtungen mit je drei Millimeter Dicke nochmals verstärkt, da mit bis zu fünf Bar Wasserdruck gerechnet wird. Mit diesem Dichtungssystem lassen sich die zwei 3,50 Meter breiten Fahrspuren sicher und vor allem wasserdicht überwölben.

Und ab wann sind sie befahrbar? Die Tunneleröffnung ist für Ende 2023 geplant. Ende 2021 waren der Tunneldurchbruch und die Betonage der Spritzbetonschale geschafft. Die Betonage der Innenschale wird bis Mitte 2022 abgeschlossen.

Text: Dr. Georg Haiber

Objektsteckbrief

Projekt: Kramertunnel, Garmisch-Partenkirchen

Bauherr: Bundesrepublik Deutschland

Entwurf und Planung: Staatliches Bauamt Weilheim und
ILF Beratende Ingenieure ZT GmbH, Innsbruck, Österreich

Ausführungsplanung und Bauausführung: Arbeitsgemeinschaft Kramertunnel BeMo Tunnelling GmbH / Subterra a.s., Garmisch-Partenkirchen

Betonzulieferer: Mobile Betonkonzepte GmbH, München

Zementzulieferer: HeidelbergCement AG, Werk Schelklingen, in Liefergemeinschaft mit dem Südbayerischen Portlandzementwerk, Gebr. Wiesböck & Co. GmbH, Werk Rohrdorf, Werk Burglengenfeld

Zementsorten:
CEM I 52.5N (sb) Schelklingen und Rohrdorf
CEM II/B-S 42.5N Rohrdorf
CEM III/A 32.5N-LH Burglengenfeld

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