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Normen und Standards sorgen für Vertrauen // Ausgabe 2/2020

Genormtes Leben

Ob Schnuller, Schrauben, Stecker oder Särge: Das Leben ist vom Anfang bis zum Ende genormt. Sogar die Normung selbst ist genormt – mit der DIN 820. Eingereicht werden Anträge für Normen zumeist von Unternehmensvertretern und Verbänden, herausgegeben vom Deutschen Institut für Normung (DIN) in Berlin.

Porträt

Bildquelle: DIN

Ihr sollt nicht unrecht handeln im Gericht, mit der Elle, mit Gewicht, mit Maß. Rechte Waage, rechte Pfunde, rechte Scheffel, rechte Kannen sollen bei euch sein […].“ Schon circa 1000 vor Christus forderte das Alte Testament genormte Maßeinheiten für ein Leben in Ordnung und Gerechtigkeit. Heute entsprechen viele Alltagsgegenstände, aber auch Dienstleistungen oder Verfahren einer bestimmten DIN-Norm. Sie dienen der Sicherheit von Menschen und Sachen sowie der Qualitätsverbesserung in allen Lebensbereichen und schaffen so Vertrauen.

Wie entsteht eine DIN-Norm?

Für alle Bereiche rund um Normen und Standards ist das Deutsche Institut für Normung (DIN) die relevante unabhängige Plattform in Deutschland. DIN trägt als Partner von Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft wesentlich dazu bei, die Marktfähigkeit von innovativen Lösungen durch Standardisierung zu unterstützen. Ergebnisse sind marktgerechte Normen und Standards, die den weltweiten Handel fördern und der Qualitätssicherung, dem Schutz der Gesellschaft und Umwelt sowie der Sicherheit und Verständigung dienen. Sebastian Edelhoff, Gruppenleiter DIN Normausschuss Bauwesen, erklärt: „Jeder kann einen Antrag auf Normung stellen. Mit unserer Unterstützung wird der Normungsantrag formuliert und in die entsprechenden Gremien gegeben und geprüft. Damit die Normen am Markt akzeptiert werden, setzt DIN auf eine breite Beteiligung, einen transparenten Prozess und Konsens über die Inhalte der Normen. Innerhalb der Entwurfsphase kann die Fachöffentlichkeit die Inhalte auf dem Entwurfsportal kommentieren und die Norm so mitgestalten. Gerade die Baubranche ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass sehr viele verschiedene Akteure Interesse haben, eine Norm mitzugestalten. So versammeln sich Planer, Bau- und Immobilienwirtschaft, wissenschaftliche Institutionen, Politik und Verbraucherorganisationen an dem sogenannten „runden Tisch“ und versuchen, einen Konsens zu finden. Dies ist bei den vielfältigen Interessen nicht immer einfach.“

Normen als zuverlässige Wissensbasis

Die Anwendung von Normen ist grundsätzlich freiwillig. Sie können aber rechtsverbindlich werden, wenn Gesetze oder Rechtsverordnungen wie EU-Richtlinien auf sie verweisen. Auch Vertragspartner haben die Möglichkeit, die Anwendung von Normen in Vereinbarungen verbindlich festzulegen. Sebastian Edelhoff: „Normen geben somit den Anwendern Sicherheit, dass sie definierte Anforderungen erfüllen.“ Ist eine Norm veröffentlicht, ist sie eine erhebliche Erleichterung für alle Beteiligten, denn bei ihrer Anwendung gilt die Vermutungswirkung, dass durch ihre Einhaltung den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen wird. „Gäbe es hierzu keine Normung, müsste die Bauwirtschaft gegebenenfalls durch gutachterliche Bewertung in jedem Einzelfall den Nachweis für die Erfüllung der Sicherheitsanforderungen neu erbringen. Dadurch würden die Baukosten stark in die Höhe getrieben“, ergänzt Edelhoff. Spätestens alle fünf Jahre werden die Normen auf den Stand der Technik hin überprüft.

Ein Unternehmen könnte natürlich auch einen anderen Weg gehen, als die in der Norm festgelegten Sicherheitsanforderungen zu erfüllen, dies wäre aber ein großer Aufwand.

Internationalität von Normen

Internationale und europäische Normen funktionieren wie eine gemeinsame Sprache, die Handelspartner auf dem globalen Markt verwenden. Die Anwendung von Normen und Standards erleichtert den Marktzugang für Produkte und Dienstleistungen. Darüber hinaus sind internationale Normen ein wichtiges Kriterium für weltweit agierende Unternehmen, um das Potenzial für eine Partnerschaft mit einem Zulieferer einzuschätzen und Kunden hinsichtlich Kompatibilität und Qualität zufriedenzustellen. In Europa ist die Normung eine entscheidende Grundlage für das Funktionieren des Binnenmarktes. Mithilfe eines harmonisierten europäischen Normenwerkes ist der freie Warenverkehr im Binnenmarkt gewährleistet und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der Europäischen Union gestärkt. Normen und Standards sind damit entscheidende Instrumente für den Erfolg von Unternehmen am Weltmarkt. „Auch andere Organisationen können Standards setzen, aber wir haben den Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland und sind somit in einer besonderen Position. Dadurch, dass die Normung im Zuge der Globalisierung immer internationaler wird, sind wir das Tor zur europäischen und internationalen Normung“, erläutert Edelhoff.

Die Mehrzahl der in den letzten Jahren neu veröffentlichten Normen sind mittlerweile europäische Normen. Sie werden im privatwirtschaftlich organisierten Europäischen Komitee für Normung (CEN) vorbereitet und gelten in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einheitlich. Die von CEN erarbeiteten Normen bedürfen der Zustimmung der EU-Kommission, bevor sie als harmonisierte Normen durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Gültigkeit erlangen.

Zement, Gesteinskörnung und Beton

HeidelbergCement ist Mitglied des DIN und wird unter anderem von Dr. Reiner Härdtl, Team Leader Patente, Standards, Information & Dokumentation, als Mitglied sowohl in nationalen Normungsgremien als auch in den europäischen Normenkomitees für Zement und Beton vertreten: „Die Produkte von HeidelbergCement werden im konstruktiven Bereich eingesetzt und fallen somit unter das Bau-recht. Das Baurecht ist in Deutschland Aufgabe der Bundesländer und diese gewährleisten die Bauwerkssicherheit. Damit bekommen die Normen rechtsverbindlichen Charakter. Die Bauaufsicht und die öffentliche Hand sind an der Erarbeitung dieser Normen als einer der interessierten Kreise mit beteiligt. Normen sind aus unserer Sicht ganz maßgeblich, denn sie definieren die für die Baustoffe wesentlichen technischen Anforderungen. Der Kunde und Anwender muss sicher sein, dass er das richtige Produkt verwendet, welche Eigenschaften ein Baustoff hat, aber auch wie die Qualitätssicherung und wie ein Konformitätsnachweis erfolgt.“ Erfüllt ein Produkt eine Norm, gibt es entsprechende Zertifikate. In Deutschland werden sie mit einem Ü-Zeichen und auf europäischer Ebene mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet. Mittlerweile hat sich die CE-Kennzeichnung bei Zementen als eine Art Qualitätszeichen und somit vertrauensbildende Dokumentation des Produktes etabliert.

Beton-Norm DIN EN 206-1 und DIN 1045-2

In der Beton- und Zementindustrie findet die Normung im Wesentlichen auf europäischer Ebene statt, mit einigen Ausnahmen, zum Beispiel: die Beton-Normen DIN EN 206-1 und DIN 1045-2. Beton ist zwar auch nach europäischer Norm geregelt, diese ist jedoch nicht harmonisiert und die Mitgliedsstaaten können ergänzende nationale Regelungen dazu definieren. Grund hierfür ist, dass CEN den nationalen Besonderheiten und klimatischen Unterschieden gerecht werden muss. In Deutschland wurde deshalb die DIN 1045-2 entwickelt. Somit sind nationale Ergänzungen und Abweichungen zulässig.

Zustimmung zu neuen harmonisierten Normen fehlt

Die Europäische Kommission fordert durch die EUBauprodukteverordnung (EU-BauPVO) die Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten, um Handelshemmnisse im Binnenmarkt zu beseitigen. Eine harmonisierte Norm ist zum Beispiel die Zementnorm. Die Ausarbeitung von harmonisierten europäischen Normen für Bauprodukte wird durch die Europäische Kommission durch Mandate an CEN in Auftrag gegeben. Dr. Reiner Härdtl erklärt: „Es gibt ein Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofs von 2017, das sogenannte James-Elliott-Urteil, welches in einem Nebensatz festgestellt hat, dass harmonisierte Europäische Normen Bestandteil des europäischen Rechtssystems sind. Daraufhin hat die Europäische Kommission die Verantwortlichkeit für den Inhalt dieser Normen übernommen. Seitdem prüfen nun Juristen, ob die Normen den Rechtsrahmen tatsächlich erfüllen. Dies hat zur Folge, dass seit mehreren Jahren keine neue Norm mehr von der Europäischen Kommission akzeptiert wurde, da alle bisher eingereichten Normen nach ihrer Ansicht die rechtlichen Erfordernisse nicht erfüllen. Eine angestrebte Überarbeitung des Rechtsrahmens dürfte einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren beanspruchen. Diese langen Wartezeiten sind aus Sicht der Industrie natürlich ein ‚No-Go‘. Zumal wir gerade im Zementbereich an neuen nachhaltigeren Zementen mit niedrigeren CO2-Emissionen arbeiten. Diese dafür vorgesehene Norm ist seit 2015 technisch fertiggestellt, aber die EU erkennt sie aus rein formalen und rechtlichen Gründen nicht an.“

Pragmatische Lösungen

Dr. Reiner Härdtl ergänzt: „Die letzten 20 Jahre europäische Normung würde ich als Erfolgsgeschichte betrachten, es wurden viele gemeinsame Normen erarbeitet, die den internationalen Handel erleichtert haben. Nehmen wir die europäische Zementnorm, die sich in diesen 20 Jahren etabliert hat. Sie wird nicht nur in Europa, sondern in vielen anderen Ländern weltweit angewandt. Dies alles auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Andererseits befinden wir uns als Industrie in einer Verpflichtung zu nachhaltigeren Produkten und müssen pragmatische Lösungen für entsprechende neue Produktnormen finden. Um die Anwendung der neuen CO2-ärmeren Zemente voran zu treiben, hat sich der zuständige europäische CENNormenausschuss einstimmig dafür ausgesprochen, für diese Zemente eine eigene Norm zu schaffen. Diese Norm ist augenblicklich in den Abstimmungsprozessen und wird voraussichtlich Mitte nächsten Jahres erscheinen. Diese nicht-harmonisierte Norm wird dann in allen Mitgliedstaaten verfügbar und wie die bereits bestehende Zementnorm anwendbar sein, mit dem Unterschied, dass diese Zemente aus formalen Gründen nicht das CE-Kennzeichen, sondern ein nationales Konfomitätskennzeichen führen werden.“

Text: Melanie Kotzan

Links & Kontakte

Deutsches Institut für Normung: DIN

Betontechnische Daten (Stand 2017)

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