Wer Konferenzen besucht, hat meist keine Zeit für Sightseeing. Ob Tagungshotels die Besonderheit eines Ortes, gar eines Landstrichs ausstrahlen, hängt nicht zuletzt davon ab, ob es Architekten gelingt, Räumen einen eigenen und originellen Ausdruck zu verleihen. Am Flughafen München wurde die Kapazität des Hilton Munich Airport Hotels durch einen umfassenden Umbau und eine Erweiterung um mehr als das Dreifache erhöht. Allein der Konferenzbereich aus den 1990er Jahren wurde mit eigenem Backoffice ausgestattet und von fünf auf 13 Tagungsräume erweitert. Für Claudia Schmitt-Rider von Gumpp Heigl Schmitt Architekten aus München war klar, dass das neue Design auch bis in jenen Trakt geführt werden soll, der geschäftlichen Symposien und Konferenzen vorbehalten ist. Mit blau-weißer Farbgestaltung, Holzböden und sichtbarem Beton sucht das Konzept den Bezug zur bayrischen Landschaft. Im Foyer über dem eindrucksvollen Empfangstresen, dessen glatte weiße Oberfläche einer alpinen Gletscherzunge ähnelt, wollte die Architektin ein Naturgemälde mit bayrischem Bezug anbringen lassen, mit außergewöhnlichem Effekt allerdings. Nun lässt ein zweieinhalb auf sechs Meter dimensioniertes Betonbild das Wettersteingebirge mit der Zugspitze – ausgehend vom Alpsee im Ostallgäu – im präzise geformten Relief erkennen. Das typische Landschaftsmotiv, das in seiner überlieferten Version zig Wohnzimmer ziert, erzeugt in seiner stilisierten Ausformung einen unerwarteten Eindruck.
Durch unterschiedliche Höhen des Betonreliefs entsteht, je nach Lichteinfall und Blickrichtung, ein immer wieder überraschend anders ausfallendes Bild. Eine Wandskulptur, die gleichermaßen Modernität wie Verbundenheit mit dem Standort ausdrückt. Der Bezug zum Landschaftsraum hat nichts Heimeliges mehr. Ein Motiv, das jeder kennt, bewirkt durch einen veränderten Blick darauf eine andere, völlig neue Wahrnehmung. Dies kann – bis weit über das Thema hinaus – Einsichten reifen lassen, wie sie oft nicht der Verstand, vielmehr nur die Kunst mit ihrer erstaunlichen Ausdruckskraft zu erzeugen imstande ist.
Ein auf sechs Meter dimensioniertes Betonbild lässt im präzise geformten Relief das Zugspitzmotiv erkennen.
Zunächst hatte Architektin Schmitt-Rider ein Fotomotiv gefunden, dessen stilisierte Umsetzung in ein massives Wandbild ihr in Zusammenarbeit mit dem Betonfertigteilwerk Bachl und dem Matrizenhersteller Reckli gelang. Mit individuell gefertigten Matrizen, die beim Guss unterschiedlich hohe Reliefstufen erzeugten, waren mehrere Elemente produziert und direkt am späteren Einbauort bemustert worden. Bei Lichteinfall vor Ort konnte über die letztendlich passende Ausformung der Höhen und Tiefen entschieden werden. „Das fünf Tonnen schwere Kunstobjekt fertigten wir wegen der besseren Transportmöglichkeit und Beweglichkeit beim Einbau in drei Teilen“, schildert Wolfgang Paul, Geschäftsbereichsleiter Betonwerke von Bachl, den Entstehungsprozess. Für das Unikat wollte die Architektin die natürliche, zementgraue Anmutung des Betons. „Wir haben die Elemente in Sichtbetonqualität mit Zement CEM 52,5 R aus dem Lieferwerk Burglengenfeld von HeidelbergCement produziert“, so Paul. Bachl produziert an allen Standorten mit den verschiedenen Zementen der HeidelbergCement AG und hat lange Erfahrung mit strukturierten Betonoberflächen und mit Architekturbeton, der viel im Fassadenbereich eingesetzt wird. Im Hotel wurden die schweren Wandelemente von einer Spedition, die auf Kunsttransporte spezialisiert ist, mit einem Spiderkran auf Rollen versetzt. Die drei Betonelemente wurden mit fünf Millimeter breiten Fugen flächenbündig in die umgebende Wand eingelassen, nicht sichtbar auf einer Stahlkonstruktion befestigt. „Bauherr und Architekten waren mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, erinnert sich der Geschäftsbereichsleiter, für den die Fertigung der künstlerischen Wandskulptur selbstverständlich einen anderen Stellenwert hatte als das Gießen einer Bodenplatte. „Kalkuliert haben wir nach Aufwand“, meint er, „allein die Montage dauerte drei Tage“. Der künstlerische Ausdruck des Bergmassivs in Beton ist dem gestalterischen Vorstellungsvermögen der Architektin zu verdanken. Den faszinierenden Eindruck, den das Werk hinterlässt, kann jeder Einzelne für sich bewahren, ganz traditionell im Kopf oder, gemäß dem Zeitgeist, digital mit dem Smartphone.
Susanne Ehrlinger
Objektsteckbrief
Projekt:
Hilton Munich Airport Hotel, Erweiterung Konferenzräume Kunst am Bau, Reliefbild aus Beton, Zugspitzmotiv
Bauherr:
FMG Flughafen München GmbH, München
Architekten:
gumpp.heigl.schmitt architekten partnerschaft mbB, München
Baufirma:
Adldinger Bauunternehmen e.K., Kranzberg
Bauunternehmen:
KARL BACHL GmbH & Co. KG,
Röhmbach
Matrize:
RECKLI GmbH, Herne
Beton:
Sichtbetonrezeptur mit CEM 52,5 R aus dem Zementwerk Burglengenfeld der HeidelbergCement AG, 08er Körnung, hydrophobiert
Maße:
6 m x 2,50 m
Gewicht:
5 t
Ansprechpartner
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Peter Stangl