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Modernes Wohnquartier in Speyer // Ausgabe 2/2019

Architek­turmeile am Rhein

Direkt am Rhein entsteht auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei in bester Lage ein neues Wohnquartier. Die modernen Bauten erinnern gestalterisch an die Geschichte des Ortes. Gleichzeitig integrieren Wände aus wasserundurchlässigem Beton (WU-Beton) den Hochwasserschutz für die historische Altstadt.

Wohnen

Die Geschichte einer Stadt ist an den Spuren im Stadtbild ablesbar. Stadtplaner und Projektentwickler tragen daher eine besondere Verantwortung. Sie entscheiden heute, was in wenigen Jahren immer noch aktuell und dann für lange Zeit identitätsstiftend sein soll. Wenn ehemals gewerblich genutzte Flächen wie die Alte Ziegelei in Speyer neu bebaut werden, ist besondere Sorgfalt geboten. Lange Zeit ist die Ziegelindustrie an diesem Standort ein wichtiger Arbeitgeber und damit auch Identifikationsfaktor für die Bürger von Speyer gewesen; zudem prägen historische Ziegelbauwerke seit Jahrhunderten die Ansicht der Kaiserstadt, deren Domplatz nur wenige Gehminuten entfernt ist. Vor diesem Hintergrund war es sinnvoll und geboten, das neu entstehende Stadtquartier auf der Industriebrache in seiner Gesamtheit in einen öffentlich zugänglichen Park einzubinden und die modernen Wohnbauten mit differenzierten Klinkerfassaden als Reminiszenz an die Geschichte des Ortes zu gestalten. Auf diese Weise entstehen fußläufig zum Stadtzentrum umgeben von Grün attraktive Wohnungen sowie ein frei zugänglicher Erholungsraum. Als Zugang zum Park dient künftig ein zentraler Quartiersplatz, der durch die angrenzenden Baukanten geformt wird und Urbanität und Atmosphäre ausstrahlt. Schon nach Fertigstellung des ersten Bauabschnitts profitieren die Bürger von Speyer auch von der attraktiven Wasserlage. Denn da die Bebauung des neuen Viertels vom Fluss zurückgesetzt ist, wird aus der Freifläche eine öffentliche Uferpromenade. Die ehemalige Direktorenvilla, ein denkmalgeschützter Ziegelbau, bildet mit historischem Bezug einen stilvollen Auftakt zum neuen Stadtviertel.

Transformation in ein Stadtquartier für 600 bis 800 Bewohner

Um ein vielseitiges und dennoch miteinander in Bezug stehendes Gesamtensemble zu erhalten, war die Neuordnung des Rheinufers in Speyer ursprünglich auf Grundlage eines städtebaulichen Wettbewerbs erfolgt. Zielsetzung der Bauherrschaft, der Deutschen Wohnwerte, war, das Gelände der ehemaligen Erlus-Ziegelei mit einem architektonischen Leitmotiv und einem einheitlichen, freiraumplanerischen Gestaltungskonzept in ein harmonisches Stadtquartier für rund 600 bis 800 Bewohner zu transformieren. Der Siegerentwurf des Architekturbüros Kränzle + Fischer-Wasels aus Karlsruhe unterteilte das Gelände in fünf unabhängige Baufelder, die jeweils mit zwei Baukörpern, einem Winkelbau und einem Solitär, bebaut werden sollten. Auf dieser Grundlage erarbeiteten die Architekten zusammen mit drei weiteren renommierten Büros die Entwurfs- und Genehmigungsplanung für das Quartier, das nun in fünf aufeinanderfolgenden Bauabschnitten kontinuierlich wachsen wird.

Durch seine prägnante städtebauliche Figur und durch die Beteiligung verschiedener Architekturbüros setzt das neue Stadtviertel in Speyer bemerkenswerte Akzente. Eingebettet in ein historisches Umfeld überzeugt es mit moderner Leichtigkeit und geometrischer Klarheit. Dabei wird im Gesamtensemble bewusst auf Vielfalt geachtet. Jedes der Architekturbüros hat die Gebäude in seinem Baufeld individuell entworfen, sodass die jeweilige architektonische Handschrift innerhalb des vorgegebenen gestalterischen Rahmens erkennbar und erlebbar bleibt. Zwar ähnelt sich mit Winkel- und Solitärbau jeweils die Kubatur, auch die Präferenz für Klinker ist vorgegeben.

Unsere Quartiere entwickelt das gesamte Projektteam mit viel Leidenschaft und Herzblut.

Thomas Dorant, Geschäftsführung DWW

Die Ausgestaltung der einzelnen Bauten unterscheidet sich aber aufgrund unterschiedlicher Architektursprachen, was etwa an den Fassaden mit der individuellen Ausbildung der Fensterausschnitte, Loggien oder Balkone ablesbar ist. Auch die Grundrisse und Größen der einzelnen Wohnungen variieren, was wiederum für eine heterogene, lebendige Mischung der Bewohner sorgt.

Wohnungen mit 30m² bis 176 m²

Mirko Seidel vom Bauunternehmen Heberger hat bereits zwei Bauabschnitte des komplexen Projekts begleitet. Zusammen mit Zech Bau hat Heberger die entsprechenden Wohngebäude in einer Arbeitsgemeinschaft (Arge) schlüsselfertig ausgeführt. Dazu zählt auch die Anlage der Außenanlagen. Beim ersten Baufeld, das von Böge Lindner K2 Architekten aus Hamburg beplant wurde, war Seidel neun Monate lang für den Rohbau von sechs Hauseinheiten mit 57 Wohnungen und Penthouses mit Grundrissen von 30 bis 173 Quadratmetern verantwortlich. Nun schließt er aktuell als Projektleiter den Bauabschnitt der Karlsruher Architekten Kränzle + Fischer-Wasels ab. Hier entstehen 73 Eigentumswohnungen mit Wohnflächen von rund 50 bis 176 Quadratmeter.

Uns ist es gelungen, den Hochwasserschutz optisch in die Gebäude zu integrieren. So bleibt der Blick über den Park zum Fluss frei.

Thomas Dorant

Bei beiden Ensembles ermöglicht die Abstufung der Winkelhäuser zum Rhein hin großflächige Dachterrassen. Durch markante Auskragungen schieben sich bei diesem Gebäudetypus die Obergeschosse in den Park hinein. Die freistehenden Solitäre liegen in erster Reihe zum Park und zum Rheinufer hin. Mit den Winkelhäusern im Rücken haben sie nicht nur den Fluss vor sich, sondern sind auch eingebettet in großzügige Wohnhöfe mit Privatgärten.

WU-Beton für Hochwasserschutz

Heidelberger Beton hat im Auftrag der Arge Heberger-Zech den Beton für die Bodenplatten, die Stahlbetondecken, für Pfeiler und Überzüge geliefert, wobei die großen Bauteile per Betonpumpe betoniert worden sind. Die Wände wurden in Kalksandstein gemauert. „Wir haben das gesamte Untergeschoss mit der Tiefgarage und auch die Abschlussdecken in WU-Beton ausgeführt“, erläutert Projektleiter Seidel. Damit das Gebäude in Ufernähe dauerhaft dicht ist, hat er Anschlüsse mit Fugenblechen ausführen lassen, die in die Bodenplatte eingelegt wurden und so die Konstruktion vor eindringendem Wasser schützen. Das wasserdichte Bauen im Untergeschoss unterlag besonderen Ansprüchen an den Beton, daher wurde der Einbau vom baustofftechnischen Labor der BTB Betontechnik überwacht.

Mirko Seidel kennt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Baufelder. „Alle Bauten entsprechen als Niedrigenergiehäuser der Energieeffizienzklasse KfW 55 und sind hochwertig in der Ausstattung. Der erste Bauabschnitt zeigt Sichtbeton an den Fassaden zwischen den Geschossen, an Fensterlaibungen und Balkonen, im zweiten sind die Fensterbänke aus Beton. Auch die Grundrisse sind verschieden.“ Als Reminiszenz an die alte Ziegelei bestehen die Fassaden beider Bauten aus Vollklinker, der auf Edelstahlkonsolen vor die gedämmten Rohbauten gemauert wurde.

Wohnviertel und öffentlicher Erholungsraum am Rhein

Mit der Konversion des ehemaligen Industriegebiets entsteht nicht nur ein hochwertiges Wohnviertel. Der künftige Rheinuferpark, der vom Landschaftsplanungsbüro Topotek 1 aus Berlin geplant und kontinuierlich im Verlauf der fünf Bauabschnitte realisiert wird, bietet einen öffentlichen Erholungsraum für alle Bürger, die das Flussufer am Oberrhein fußläufig zur Altstadt genießen wollen. Im Zusammenhang mit der topografischen Neugestaltung ist auch der Hochwasserschutz für die Innenstadt neu ausgearbeitet worden. Der ursprüngliche Schutzwall des Industrieareals, der den Blick auf den Rhein versperrt hat, ist gänzlich verschwunden. Der Hochwasserschutz wird an die Bebauung herangerückt. Die Schutzmauer aus Stahlspundwänden mit einem Kopfbalken aus WU-Beton sitzt unmittelbar vor den Bauten, deren Wohngeschosse im Hochparterre über den Tiefgaragen beginnen, und wird gestalterisch so eingebunden, dass sie mit dem Sockel der Gebäude und der Einfassung der Mietergärten verschmilzt. Um offene Durchgänge zu schließen, stehen mobile Schutzwände zur Verfügung. Während der Bauarbeiten besteht der Hochwasserschutz, der ab dem zweiten Bauabschnitt relevant ist, aus temporären Stahlspundwänden, die nach Fertigstellung des letzten Quartiers rückgebaut werden. Bis zur endgültigen Fertigstellung vermittelt eine Aussichtsplattform schon jetzt den Spaziergängern eine Ahnung vom späteren Ausblick.“

Fünf Quartiere - ein Stadtviertel

Das Architekturbüro Böge Lindner K2 Architekten aus Hamburg erhielt den Auftrag für den ersten und den abschließenden fünften Bauabschnitt. Ihr erstes Ensemble Port Side ist bereits fertiggestellt und bezogen. Auf dem benachbarten Baufeld entstehen nach den Plänen von Kränzle + Fischer-Wasels Architekten aus Karlsruhe im zweiten Bauabschnitt die zwei Bauten von Park Side. Eike Becker Architekten aus Berlin wiederum zeichnen für den dritten Bauabschnitt Loop Side verantwortlich. Die beiden Baukörper dieses Abschnitts markieren den Scheitelpunkt der Rheinschleife. Ihnen folgen Winkelbau und Solitär von Square Side, die direkt am zentralen breiten Zugang zum Park und zum Rheinufer liegen. Diese Bauten des vierten Bauabschnitts werden von KCAP Architects & Planners aus Zürich realisiert, einer Niederlassung des Büros, das 1989 von Kees Christiaanse in Rotterdam gegründet worden ist und inzwischen als eines der weltweit führenden Architekturbüros gilt .

Speyer - eine Stadt mit Geschichte

Speyer ist eine der ältesten Städte Deutschlands mit einer langen und bewegten Geschichte. 1990 feierte die Stadt mit dem prägenden Kaiserdom, der größten erhaltenen romanischen Kirche Europas und seit 1981 Unesco-Welterbe, ihr 2.000-jähriges Bestehen. Mit den „Speyerer Privilegien“ erlangten die Bürger der Bischofsstadt am Rhein bereits vor über 900 Jahren wichtige stadtbürgerliche Rechte. Kaiser Heinrich V. hatte ihnen unter anderem Rechtssicherheit durch definierten Gerichtsstand und freies Verfügungsrecht über Erbe und Besitz zugebilligt; ein damals entscheidender Schritt in der Herausbildung bürgerlicher Freiheitsrechte. Einst mittelalterliche Stadt, dann geprägt vom Wiederaufbau ab dem 17. Jahrhundert, wird Speyer 200 Jahre später zur Hochburg des Brauereiwesens, zum Handelszentrum der Zigarrenindustrie und der Ziegelfabrikation. Heute gehört die kreisfreie Stadt Speyer mit ihrem hohen Pro-Kopf-Einkommen zu jenen Städten, die im Zukunftsatlas 2016 der Prognos AG der Universität Basel, einem der ältesten Wirtschaftsforschungs- und Beratungsunternehmen Europas, als Orte der Zukunft identifiziert worden sind.

Text: Susanne Ehrlinger

IM GESPRÄCH MIT PROJEKTENTWICKLER THOMAS DORANT

Alte Ziegelei wird Wohnquartier

Thomas Dorant studierte Betriebswirtschaft und Immobilienökonomie und gründete 2007 gemeinsam mit Thomas Esslinger und der Zech Group aus Bremen die Deutsche Wohnwerte (DWW). Das Unternehmen mit Sitz in Heidelberg entwickelt hochwertige wohnwirtschaftliche und gemischt genutzte Quartiere, auch in der Rhein-Neckar-Region.Die DWW ist Mitglied bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).

Sie entwickeln komplette Wohnquartiere und bringen Hunderte von Menschen zusammen. Wie stellt sich die DWW dieser Verantwortung?

Wir realisieren unsere Projekte im Vielklang von Städtebau, Architektur, Freiraumgestaltung und Nutzungsvielfalt. Dabei legen wir nicht nur Wert auf deren nachhaltige Realisierung im jeweiligen städtebaulichen Umfeld, sondern auch auf eine soziale Durchmischung der Quartiere. So versuchen wir zum Beispiel bei Wohnquartieren durch vielfältige Wohnformen und Flächendifferenzen ein breites Angebot für unterschiedliche Lebensphasen zu schaffen.

Hat ein ehemaliger Industriestandort besondere Implikationen?

Ein ehemaliger Industriestandort wie die Alte Ziegelei in Speyer ist natürlich ein Ort der Identifikation für die Bevölkerung. Das gilt es zu respektieren – und dennoch den Wandel voranzubringen. Unser Projekt „Am Fluss“ greift die Historie etwa auf, indem in der Fassade unserer Gebäude bisher schon fast 400.000 Backsteinklinker verbaut sind. Auch möchten wir den Speyerer Bürgern durch den neuen Rheinuferpark wieder den Zugang zum Rhein ermöglichen. Das Gespräch führte Susanne Ehrlinger.

Der Fluss ist ein Geschenk, aber sicher auch eine Herausforderung?

Auf der einen Seite bietet das Wohnen am Fluss in Speyer eine ganz besondere und einmalige Wohnatmosphäre mit wunderbaren Blickbeziehungen zum Wasser und zu den Naturlandschaften. Aber natürlich bedingt die Nähe zum Wasser auch technische Einrichtungen wie einen wirksamen Hochwasserschutz, der nicht nur unseren Wohnquartieren, sondern auch der dahinterliegenden Altstadt dient. Dabei ist es uns gelungen, den Hochwasserschutz optisch in die Gebäude zu integrieren, so dass der freie Blick über den Park zum Fluss weiterhin gewährleistet wird.

Welche Rolle spielt Bauqualität für Ihr Unternehmen?

Die Deutsche Wohnwerte hat es sich zur Aufgabe gemacht, Werte zu schaffen. Daher ist es unser Anspruch, architektonisch interessante Immobilienquartiere mit hoher Bauqualität und innovativen Energie- und Mobilitätskonzepten in erstklassigen Lagen zu realisieren. Um ein solch hochwertiges Wohnquartier wie „Am Fluss“ zu schaffen, greifen wir auf ein gemischtes Netzwerk aus Bau- und Immobilien-Spezialisten, wie etwa renommierte Architekten, aber auch auf Dienstleister aus der Region zurück. Unsere Quartiere entstehen daher mit viel Herzblut und Leidenschaft des gesamten Projektteams. Schließlich muss das, was wir jetzt bauen, auch für kommende Generationen Gültigkeit haben. Das Gespräch führte Susanne Ehrlinger.

Architekturmeile am Rhein (podcast)

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Objektsteckbrief

Projekt:
AM FLUSS, Wohnquartier für 600–800 Bewohner, Speyer

Bauherr:
DEUTSCHE WOHNWERTE GmbH & Co. KG, Heidelberg

Architekten:
Böge Lindner K2 Architekten, Hamburg; Kränzle + Fischer-Wasels Architekten, Karlsruhe; Eike Becker Architekten, Berlin; KCAP Architects & Planners, Rotterdam/Zürich

1. Bauabschnitt:
Böge Lindner K2 Architekten, Hamburg

2. Bauabschnitt:
Kränzle + Fischer-Wasels Architekten, Karlsruhe

Landschaftsarchitekten:
TOPOTEK 1 LANDSCHAFTSARCHITEKTEN, Berlin

Bauunternehmen:
1. + 2. BA: ARGE Heberger Hoch-Tief- und Ingenieurbau GmbH, Schifferstadt, und ZECH Bau, Bremen (Niederlassung Frankfurt)

Bauprodukte:
BA 1: 6.382 m³ Beton der Heidelberger Beton GmbH

BA 2:
7.790 m³ Beton der Heidelberger Beton GmbH

Pumpendienst:
Heidelberger Betonpumpen Simonis GmbH & Co. KG

Betonüberwachung:
BTB Betontechnik / GÜB

Energiestandard:
KfW-Effizienzhaus-Stand 55 (Stand 2016) nach Energieeinsparverordnung (EnEV) Stand 2016

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